Heute ist wirklich die allerletzte, aber die sowas von allerletzte von Prozession durch's Dorf gewankt. Aus, vorbei, keine Madonnen, keine Jesen, keine Klansbrüder. Die Stadt schaltet um, von "außerordentlicher Wahnsinn" auf "ganz normaler Wahnsinn".
Freitag:
Natürlich haben die Malaguenos ausgiebig an ihrem schlechten Ruf gefeilt und sich am Freitag abend nochmal so richtig ins Zeug gelegt und alles an Verhaltensauffälligkeiten praktiziert, was der Katalog psychischer Erkrankungen hergibt.
Alkoholabusus:
Im übrigen quietschen die Straßen. Das Wachs der Kerzen, das sich während der Prozessionen auf der Straße gesammelt hat, bildet einen soliden, fast fälchendeckenden Film über allen Straßen. Der Effekt ist nun folgender, dass jedes Auto, das selbst langsam über die Straße fährt, Geräusche verursacht, als würden die Verfolgungsjagden aus "Bullit" live aufgeführt werden. Das ist vor allem dann Quelle großen Spaßes und Heiterkeit, wenn man als Fußgänger panisch über die Straße hechtet, weil man ein vermeintlich heranrasendes Auto hört. Letztlich schleicht aber nur ein ältliches Gefährt, gefahren von einem ebenso ältlichen Fahrer, behäbig um die Ecke.
Aber das hält die Instinkte wach und den Geist rege. Sowas trainiert.
Samstag:
Gestern abend hat Alex zum Grillen eingeladen. Sowas geht wohl nur hier, in der Picasso-Bar. Ein mir bis dato fast völlig Fremder lädt mich zusammen mit Heinz, meinem Wohnzimmermitbewohner und Kellner der Herzen zum Grillen ein. Ich habe gefragt, ob ich noch andere Leute mitbringen könne und, klar, bring mit, wen du mitbringen willst. Das nennt man Vertrauen in die Menschen. Immerhin hätt ich ja auch Charles Manson und Georg W. Bush mitbringen können. Muss man sich ja nur mal vorstellen.
So sah die Blase aus:
Das Grillen war der Hammer. Frischer Fisch mit selbst gefangenem Thymian (oder sonst so ein Kraut, ich hab in Herbologie immer geschwänzt!), Gambas, Hamburger, dazu Tomaten, Brot, Bier und Rum. Den Rum brachte Vladimir mit, der hiesige Fahrradrickschaverleiher, ex-Russe und trinkfestes Multitalent. Wie man so schön sagt: Die Zeit verflog wie Dackel im Winde und gegen 12 Uhr war die gesamte Brut stramm in Schräglage. Wir waren dann noch im "Velvet-Club", einer sehr angenehmen Disco. Gut, es könnte auch die Sakristei der Kirche um die Ecke gewesen sein, ich war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vollumfänglich in der Lage, die mehr als unzuverlässigen Eindrücke meines angeschlagenen Sensoriums einzuordnen beziehungsweise zu verarbeiten.
Heute morgen fühlte ich mich nur eingeschränkt lebensfähig. Ein kurz nachmittägliches Testbier wirkte verheerend, ich musste die Testreihe vorzeitig abbrechen.
Wir haben Anna und Julia verabschiedet, die sich nicht ganz freiwillig wieder ins wunderschöne Kassel zurückexpedieren müssen. Darüber hinaus habe ich mich vom Farbensehen verarbschiedet. Ich bin aber zuversichtlich, dass Letzteres demächst wieder zurückkehren wird.
Ich übe zurzeit die spanische Terminologie aus dem Themenkreis Bad, Toilette und Magenbeschwerden. Übung macht den Meister.
Hasta Luego
El Jörch
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