Dienstag, 28. April 2009

Tangerunglück

Nächster Halt: Tanger. Zweitgrößte Stadt Marokkos und größter Industriestandort. Angeblich wurden hier große Teile von Casablanca gedreht, ganz einfach weil Tanger mehr nach Casablanca aussieht als Casablanca selbst.

Tanger steht im Ruf viele Reiche, Schöne und Verstorbene zu beherbergen. Das kann man sich nur schwer vorstellen. Alles in allem ist Tanger, soweit ich das beurteilen kann, eine normale marokkanische Stadt und leidet deshalb unter dem gleichen Verfallbefall wie die anderen auch. Die Innenstadt wird dominiert von herumsitzenden oder stromernden Männern, wovon die meisten sich auf den Vertrieb illegaler Rauschwaren spezialisiert haben.

Doch der Reihe nach. Zunächst wurden wir mit dem Bus durch die sehenswürdigeren Stadtteile chauffiert. Dazu gehörte auch ein fast kaum touristischer Halt an einer Stelle, an welcher Touristen Kamele beschauen und -steigen konnten. Was auch viele machten. Was mir komisch vorkommt, weil seit dem mittleren 20. Jahrhundert hat doch das Kamel als Objekt fantastischer Erzählung wagemutiger Weltreisender doch ein wenig verloren. Will meinen, jeder hat doch schon mal eins gesehen? Dennoch rastete die Reisemischpoche kollektiv aus und für 15 Minuten war da ein Kamelherzen und entgeltliches Fotografieren, dass es eine Art hatte.
Und so sieht ein Kamel aus, liebe Kinder. Wobei es sich faktisch um kein Kamel handelt, sondern um ein Dromedar, wie der Zoologe weiß. Ein Kamel hat 2 Höcker, ein Dromedar nur einen. Und wieder was gelernt. Weswegen die Zigaretten eigentlich auch "Dromedar" heißen müssten, es aber aus marketingtechnischen Gründen nicht tun.

Weiteres Highlight war die Besichtigung der zwei Meere. Ein kleiner Landvorsprung, von welchem aus man die Nahtstelle zwischen Mittelmeer und Atlantik bewundern kann. Wenn man ganz genau hinschaut, in einer gedachten Geraden hinter dem Leuchtturm, kann man sehen, inwiefern sich die Wasser des Mittelmeeres in überhauptnichts von denen des Atlantiks unterscheiden.
Und dann in die Innenstadt. Um mit Homer Simpson zu sprechen: Laaaangweilig. Tanger ist, was die Medina betrifft, ähnlich wie Tetouan, nur nicht ganz so pitoresk. Zwar gibt es auch die engen Gässchen und die kleinen Stände, doch es fehlt einfach der spektakulär magenzerreisende Geruch.

Nachdem uns der Reiseleiter durch die Medina geprügelt hatte als bekäm er Geld dafür, hatten wir 30 Minuten Freizeit. Davon konnten wir allerdings gleich 10 Minuten abziehen, die der Leiter dafür aufwenden musste uns zu erklären, wohin wir am besten NICHT gehen sollten, solange uns an der persönlichen Bewegungsfreiheit gelegen sei. Da mir daran durchaus gelegen ist, habe ich mich an eine Gruppe Mädels drangehängt. Das hat unter anderem den Vorteil, dass sie zuerst sie fangen und mir dadurch Zeit geben, mich in die Hecken zu schlagen.

Die Mädels waren allerdings auf Feindfahrt. Irgendwer hat ihnen nämlich erzählt, dass es ein Viertel gäbe, in welchem gefälschte Markenware für billig Geld zu erwerben sei. Sie reagierten ähnlich gelassen wie Drogenabhängige beim kalten Entzug, wenn der Dealer ne Lokalrunde schmeißt. Ihnen auf den Fersen zu bleiben war nicht einfach. Letztlich haben wir den Laden gefunden und hatten noch ca. 10 Minuten Zeit. Die Mädels haben sich die Waren angeschaut und kamen zum Entschluss, dass das alles ein Dreck sei und sie doch lieber daheim das Original kaufen. Dann hetzten wir zurück.
Tanger: Definitiv keine Stadt für Klaustrophobiker.

Montag, 27. April 2009

Ma Baker

... nee, Ma-Rokko. Marokko ist ein Land im Norden Afrikas und liegt direkt gegenüber von Spanien, was einen Besuch dort vereinfacht, wenn man sich in Spanien aufhält. Also unten. Im Süden. Im Süden Spaniens. Von Bilbao aus ist es dann doch auch noch weiter weg. Obwohl also auch Bilbao in Spanien liegt. Aber eben im Norden. Aber gut.

Auf jeden Fall war ich am Freitag Abend in Marokko. Der erste Eindruck war, um es vorsichtig auszudrücken, verheerend.

Das Wort "Marokko" kommt aus dem Hochphönizischen und bedeutet: "Land wohin die Mercedesse gehen, wenn sie sterben". Hier sehen wir den Taxistand direkt hinter der Grenze in Ceuta, der spanischen Exklave und Grenzstadt auf dem afrikanischen Kontinent.

Aus irgendwelchen Gründen haben die Marokkaner ein unheimliches Faible für alte Benz als Taxifahrzeug der Wahl.

Wunderschöne alte W123 und Strich8er. Ich war weit über die Grenzen rationalen Denkens hinaus zunächst entsetzt, dann begeistert und endlich schwerst angepisst. Immerhin scheint sich dort jeder dahergelaufene Taxifahrer mein Traumauto leisten zu können, während ich darauf angewiesen bin, mit zuverlässigen aber langweiligen Japanern umeinand zu fahren.

Das Land an sich ist ganz genauso, wie man sich Afrika nun überhaupt nicht vorstellt. Die Landschaft erinnert mehr an die Schweiz, wenn dort Olivenbäume wachsen würden und die Schweizer kein Geld für richtige Häuser hätten.


Marokko ist über weite Teile - also die, die ich gesehen habe - quietschgrün. Allenthalben wächst und wuchert es. Marokkos Wirtschaft basiert auf Ackerbau, Vieh- und Fischzucht sowie auf der Unterdrückung der Frau. Nicht umsonst gilt Marokko als fortschrittlichstes und wirtschaflich erfolgreichstes Land Afrikas.

Unser Hotel, das "Chez Saqueratte", eine erlesen baufällige architektonische Verwegenheit aus den frühen 90er Jahren, war von eigener Qualität. Angekündigt war die Unterbringung in einer 4 Sterne Anlage. Doch Marokko scheint ein unsicheres Land zu sein, man hat dem Hotel wohl einen Stern erst kürzlich entwendet.

Dennoch vermissten wir nicht den für ein Haus dieser Kategorie üblichen Komfort: reispapierdünne Wände, durch die man die Aktivitäten der Nachbarn und der Leute auf dem Flur sehr gut verfolgen konnte. Eine Toilette, die ein olfaktorisches Erlebnis der Sonderklasse bot, sowie der schon fast liebgewonnene Schimmel an Duschvorhang und Wänden.

Das Essen im Hotel war landestypisch. Oder auch authentisch. Es gab wenig, und das war schlecht. Dafür waren die Ober nett. Man hat uns vor Reiseantritt versichert, dass man überall in Marokko Spanisch spräche. Stimmte auch soweit, wenn man unter "Spanisch sprechen" die fehlerfreie Aussprache und Verwendung der Worte "Si" und "No" versteht. Darüber hinaus ist des Marokkaners spanischer Wortschatz irgendwo zwischen "übersichtlich" und "nicht vorhanden". Das war aber alles kein Problem, denn immerhin können sie auch kein Französisch oder Englisch. Sie reden hauptsächlich Arabisch. "Shukran" heißt "Danke" und "sükren" heißt "besoffen".

"Besoffen" ist ein gutes Stichwort. Marokko als Land ist ein islamisches. Der Islam scheint sich vor allem durch die Abwesenheit all dessen zu definieren, was schön und gut ist im Leben. Dazu gehören Hunde, die als unrein gelten, die Gleichberechtigung der Frau, die als uncool gilt, sowie der Genuss von Alkohol, der als schlicht dämlich gilt. Was umso unverständlicher ist, da das Wort "Alkohol" ein arabisches ist. Das Zeug erst erfinden, und dann nichts davon auf Lager haben, das hab ich ja gerne!

Kurz: Es gibt kein Bier in Marokko. Es gibt auch sonst nichts zu trinken, außer Kaffee, Cola und Fanta. Und einen grünen Minztee, der zwar sehr lecker ist, aber traditionell so süß ist, dass es einem die Schuhspitzen nach oben biegt. Was hinwiederum die traditionelle Schutracht der Marokkaner erklärt.

Um ehrlich zu sein, mit der Unterdrückung der Frauen könnt ich umgehen. Auch der Mangel an Hygiene oder einer erkennbaren Infrastruktur stellt für mich kein langanhaltendes Hindernis dar. Aber kein Bier? Ohne mich! Dann sollen sie halt ihre Dokumentation selbst schreiben, auf mich müssen sie verzichten.

Doch heiter weiter. Samstags stand die Besichtigung des malerischen Städtchens Tetouan auf dem Programm. Tetouan ist die zweitälteste Stadt Marokkos und hat die zweitschönste Medina. Die erstälteste ist Fes und dort gibt es auch die erstschönste Medina. Doch Fes war weit weg, also mussten wir uns mit der zweiten Wahl zufrieden geben. Tetouan wurde von den Phöniziern gegründet, von den Römern zerstört, wieder aufgebaut, von den Berbern besetzt, von den Franzosen zerstört und so ist es mehr oder weniger bis heute erhalten geblieben. Die Innenstadt, die Medina, besteht aus geschätzt 5000 Kilometern übelriechender Straßen, in welchen man gelegentlich Skelette von Touristen findet, die ihre Reisegruppe verloren haben. Pittoresk.

Viele Javas wurden nach dem Untergang des Imperiums arbeitslos und müssen sich nun ihr karges Brot als Bettler verdienen.
Zum Glück war es recht kühl an diesem Tag. Der Fischmarkt ist interessant und schön und riecht wie mein Kühlschrank. Ich möchte mir wirklich nicht vorstellen, wie es an einem heißen Tag riecht. Wahrscheinlich dann wie die Toilette im Hotel.
Auch gibt es Chickennuggets in unverarbeiteter Form zu erwerben. Ich esse nie wieder Huhn.
Alles natürlich strenge überwacht vom lokalen Sicherheitsdienst.
Der natürlich sein karges SD-Salär noch durch den Verkauf gedünsteter Schafsohren aufbessert.

Weiterhin gab es allerlei Buntes zu kaufen. Über Zweck und Nutzen der Puder konnte mir auch der Reiseleiter nur eingeschränkt Auskunft geben. Ich vermute allerdings schwer, dass dieses Zeug einzig dazu dient, den Touristen zu erlauben, beeindruckend bunte Bilder zu machen. Oder sie versuchen über diesen Umweg die Farbrezeptoren der Kameras zu beschädigen. Denn in Wirklichkeit mögen sie es nicht, fotografiert zu werden. Nachvollziehbar, eigentlich. Das ist auch der Grund, warum viele Bilder zum neigen neigen. Ich hab die meisten nämlich aus der Hüfte geschossen.
Die lokale Spezialität "Tütenkatze" oder auch "Gata para llevar" wollte ich allerdings nicht ausprobieren.
Apropos Katzen. Der komplette Mangel an Hunden birgt natürlich die Gefahr der ungezügelten Vermehrung der Katzen in sich. Und sie finden das lustig.
Bleibt nun nur noch zu erwähnen, dass uns unser Reiseleiter noch in eine Künstlerkommune expedierte. Ich schätze mal, so ganz unvoreingenommen, dass es sich dabei hauptsächlich um entweder Verwandte oder Freunde von ihm handelte. Immerhin kamen wir so in den Genuss, eine Stunde lang Teppiche verschiedenster Unerträglichkeitsgrade bewundern zu dürfen. Alles natürlich von in Europa nicht erhältlicher Qualität und nachgerade lächerlich günstig. Und ist es zu glauben? Einige Leute haben tatsächlich etwas gekauft. Man zweifelt an der intellektuellen Integrität seiner Mitmenschen, aber es ist wahr. Der Reiseleiter war's sichtlich zufrieden.
Und Morgen gehts nach Tanger, zum Hasis kaufen.

Hasta Luego
El Jörch

Freitag, 24. April 2009

Im Übrigen...

... fahren wir heut mit Schiffen,
nach Marokko zum ...
einkaufen.

Des Reimes wegen, gilt es sich nicht aufzuregen.

Details folgen am Montag.

Schönes Wochenende und Hasta Luego
El Jörch

Donnerstag, 23. April 2009

Mit Bunny-Maus und Brainy-Maus am Strand

Ein fast ereignisloser Tag. In der Schule haben wir heute über unser Alter und künstliche Befruchtung gesprochen. Gerade was den zweiten Themenbereich betrifft ist das ein durchaus beachtlicher Sprung. Gerade noch sprachen wir über "wo wohnst Du?", "was arbeitest Du?", "wie alt bist du?", und schwupps, auf einmal reden wir darüber, dass viele Frauen sich in Spanien zuerst ihr Kind aussuchen, und dann später den dazu passenden Mann.

Ich bin erwachsen genug, um damit umgehen zu können. Und toll genug, um über das entsprechende Vokabular zu verfügen. Tja, so hatten "Was-ist-Was" und "PM" doch noch ihr Gutes. Lesen bildet.

Doch wie es überall auf der Welt ist: Wer hart arbeitet, muss auch hart entspannen.

Hier sieht das so aus, dass man an den Strand geht. Da mir die hektische Jugend so langsam deutlich auf den Senkel geht, bin ich heute alleine an den Strand, nur um dorten Bunny-Maus vorzufinden. Bunny-Maus ist die blonde Luxustochter. Man unterhält sich, trinkt ein Bier. Brainy-Maus kommt einige Minuten später. Man unterhält sich, trinkt ein Bier. Während Bunny-Maus langsam ins Delirium fällt, wirkt Brainy-Maus seltsam entrückt. Sie ist notorisch am Telefonieren, als würde Handystrahlung Hirn wachsen lassen und schaut übellaunig drein.

Da ich ein netter Mensch bin und mich um das Wohlergehen meiner Mitmenschen sorge, frage ich nach, was denn los sei. Ach, sie habe Probleme mit ihrem Freund daheim in Nordland. Er würde ihr vorwerfen, sie würde nur am Strand rumhocken und sich von den jungen Männern aufn Hintern gucken lassen. Oder so ähnlich.

Auf einmal wurde ich Zeuge einer ihrer wahrscheinlich wenigen hellen Augenblicke! Sie schaut mich an, schaut Harri an, schaut ihren Photoapparat an und bittet Harri und mich, zusammen zu stehen, damit sie ein Photo machen kann. Nun, Harri gab sich schüchtern, doch ich dachte mir, Nachtigall, ick hör dir trapsen. Und genauso wars. Brainy-Maus macht also ein Photo von uns zwei beiden nicht ganz so hübschen, schickt es per MMS zum Scheich, um zu beweisen, dass sie nur mit alten, hässlichen Männern unterwegs ist und Scheichen sich nicht Nass machen muss ob möglicher Besitzrechtsverletzungen. Scheich ruft einige Minuten später an und ist in der Tat beruhigt.

Ich bin ja Demütigungen gewöhnt.

Aber wenn wir in Marokko sind, verkauf ich das Stück an die Berber. Unhell aber nicht unattraktiv, das bringt 15 Kamele.

Mittwoch, 22. April 2009

These are hard times, my friend...

Sonntag ist Kinotag

In Malaga ist Filmfestival. Der Spanische Film feiert sich und da dürfen alle dabei sein. Der allgegenwärtig Antonio Banderas war da und der Sohn von Bunuel auch. Großer Hype. Überall stehen Leute vor den Hotels rum und warten darauf, die Unterschrift einer spanischen Filmgröße zu ergattern.

In der Innenstadt gibt es ein Zelt, dort kann man Filme umsonst anschauen. Umsonst ist gut, da es nichts kostet. Und da ich ja nun mal hier bin, um Spanisch zu lernen, dachte ich mir, dass sei doch mal eine gute Idee, Wortschatz und Sprachmelodie zu verinnerlichen.

Es wurde "Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs" von A. Almodovar gegeben. Wer mich kennt, weiß, dass sowas genau der richtige Film für mich ist. Doch leider machen die Spanier keine wirklich guten Filme (ja, es gibt Ausnahmen, Pans Labyrinth, z.B.). Und dieser Film bestätigte natürlich all meine Vorurteile. Wikipedia schreibt über den Film:

Dieter Krusche bezeichnet den Film in Reclams Filmführer als „eine lärmende, schrille Komödie, die ungeniert ganz vom Gesetz des Zufalls lebt. ... Almodóvar gibt nicht vor, die Wirklichkeit abzubilden, sondern schafft eine eigene unverwechselbare Realität, die auf vergnügliche Weise albtraumhaft erscheint.“

Für das Filmlexikon von kabel eins ist Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs eine „farcenhafte, frivol-humorig überdrehte Liebes- und Situationskomödie, deren extremer Rhythmus größeres Vergnügen bereiten kann als die satirische Substanz.“

Wir merken uns das Wort "alptraumhaft", das traf nämlich den Punkt. Eine alberne 80erJahre Klamotte der allerschlimmsten Kategorie, mit einem fast noch pubertären Antonio Banderas (sie haben nur den einen Schauspieler), einer nicht nachvollziehbaren Handlung und Spanisch. Fast scheint es, als würden die Spanier nach "Wörter pro Minute" bezahlt. Nur so kann ich es mir erklären, dass sie so schnell reden müssen.

Kurz und gut, ich habe nichts verstanden. Der Ton aus den beiden Notebooklautsprechern war Gerhörgangszerfetzend, die Bestuhlung wurde vom spanischen Physiotherapeutenverband gesponsort und der spanische Kinobesucher sieht darüber hinaus keine Veranlassung, nur weil er mal eben im Kino ist, auf sein übliches Kommunikationsverhalten zu verzichten. Das schließt den gemütlichen Plausch mit dem Sitznachbarn ebenso ein wie auch fernmündliche Kommunikation, wobei der Spanier natürlich auch lauter redet, weil er den Gesprächspartner ja nicht sieht.

Dennoch hatte ich viel Spaß.

Montag ist Kinotag

Mal wieder. Im Prinzip das gleiche wie am Tag zuvor, nur mit anderem Film. Wir sahen "Amantes". Nachdem, was ich verstanden habe, handelte der Film von einem Mann und zwei Frauen, wobei er eine davon tötet, weil die andere besser aussah und einer humpelnden Mutter mit einem Truthuhn.

Auch das hat Spaß gemacht, allein der linguistische Kenntnisgewinn beziffert sich auf fast Null, da auch in diesem Film die Schauspieler weniger "sprachen", als sich maschinengewehrartig Sätze um die Ohren zu hauen. Ich habe die Vermutung, die Spanier machen das absichtlich.

Dienstag

Im Wohnzimmer lernte ich zwei Mitschülerinnen kennen. Nikki ist 18, reich und von bunny-artiger Konsistenz. Yanika ist 20 und eher schlichten Gemüts. Wir kamen ganz gut miteinander aus und weiterhin darüber überein, abends mal eine kleine Runde um den Block zu machen.

Beide zusammen sind also zusammen nicht so alt wie ich und ich dachte mir, dass sei doch kein Problem, im Herzen bin ich ja jung geblieben.

Selten wurden mir meine Grenzen deutlicher aufgezeigt. Ich vergaß zu erzählen, dass beide aus Skandinavien kommen. Nikki aus Schweden, Yanika aus Norwegen. Oder umgekehrt, is ja auch Wurst, Elchland halt. Jetzt neigt der Nordländer, wie wir alle wissen, zu einer gewissen Zügellosigkeit, wenn es um den Alkoholkonsum geht. Aber um ein Schlagwort zu gebrauchen: Alter Schwede! Dass sogar schon der Nachwuchs so dermaßen trainiert ist im Umgang mit allem jenseits der 11%, ist über die Maßen beeindruckend. Ein Chupito nach dem anderen, einer greller, schlimmer und domestosartiger als der vorhergehende, und der Abend endete in einer Bar namens Opium. Dort gab es Wasserpfeifen, eine Bauchtänzerin, keine Luft und Chupitos. Ya- und Nikki tanzten, dass bestimmt irgendwo auf der Welt ein Land überflutet werden wird und ich fand heraus, dass ich Wasserpfeifen nicht vertrage.

Um 2 Uhr musste ich die Segel streichen, das Alter...

Mittwoch

Manche Tiere merken, wenn sie kurz vorm Sterben sind. Sie suchen sich dann einen ruhigen Platz, um in Ruhe zu verenden.

Ich wollte dies am Strand tun. Das Wetter verhinderte den Versuch.

Von Afrika her näherte sich eine Nebelwand und nach 10 Minuten am Strand hat sie denselben eingehüllt. Die Temperatur fiel um ca. 8 Grad und ich musste heimgehen und weiterleben.

Samstag, 18. April 2009

Krank

Ich glaube, ich bin der einzige Mensch, der es schafft, sich im Süden 'nen Schnupfen zu fangen. Ich habs aber geschafft, und nicht mal einen schlechten.

Doch was tun? In Deutschland gehst du in die Apotheke, sagst dein Sprüchlein und bekommst ein Mittel, dass dir die Illusion vermittelt, etwas unternommen zu haben.

Grundsätzlich ist der Vorgang hier ähnlich. Allein, es hapert am Sprüchlein. Das muss man hier nämlich auf Spanisch und nur auf Spanisch aufsagen. Doch da sich mein Hauptwortschatz auf die Themengebiete Bier, Bar und das Leben eines fiktiven "Antonio" (nicht der Lehrer, eine Figur aus den Lehrbüchern) beschränkt, ist alles, was ich in der Apotheke sagen könnte in etwa so richtig und erniedrigend, wie wenn ich Deutschland ankäme und sagte: "Willkommen, Gevatter Pharmacialienrat, mich kränkts im Gemächt und so erbät ich Eure Hilfe zu kurieren mein Leid!".

Was bleibt einem also übrig? Ich könnte die Krankheit vertagen, bis ich über ausreichend Wortschatz verfüge, mir die entsprechenden Mittel zu besorgen. Aber das geht natürlich nicht. Also habe ich das gemacht, was jeder gute Tourist im Ausland macht. Ich ging in die Apotheke und bot eine kleine mimische Darstellung meines Leids, mit all dem dramatischen Hustensimulieren, auf-die-Nase-deuten und Schniefgeräusche machen, kurz, sich alles in allem so zu gebärden, wie dieser Horst in den ersten Naziofarm-Werbespots.

Ich habe auch etwas bekommen. Nach kurzem Abgleich der Packungsaufschrift mit LEO bin ich mir nun fast sicher, dass es sich weder um ein Contrazeptivum handelt, noch der Bekämpfung der Hodenfäule dient. Immerhin, meine Charade hätte auf alles mögliche hindeuten können.

Ich nehme jetzt alle 4 Stunden eine dieser Pillen.

Wenn ich bis Übermorgen keinen neuen Eintrag geschrieben habe...

Hasta Luego
El Jörch

Freitag, 17. April 2009

Chupitos Reloaded

In welchem Land ist es normal, dass Lehrer mit ihren Schülern im Rahmen einer Exkursion Saufen gehen? Kann man mir das bitte mal erklären? Schulen sind Orte der Bildung, Lehrer sind die Hüter des Wissens und der Wahrheit. Ein Lehrer mit einer Kippe in der einen Hand, einem Bier in der anderen und einem Schnaps in der anderen ist im System nicht vorgesehen.

Macht man nicht. Schlechter Stil.

Noch schlechter ist natürlich der Stil der Schüler, die diesen Schlonz mitmachen. Was treibt einen verzweifelten, aber noch nicht völlig der Demenz anheimgefallenen 39 Jährigen dazu, Nachts um 12.30 in einer Bar mit dem Namen "Cool", umzingelt von bis zum Verlust der Muttersprache abgefüllter Jugendlichen, die zu erbärmlich übersteuerter raubkopierter Rap-Musik Paarungstänze aufführen, kleine infrafarbene Drinks unbestimmten und unbestimmbaren Inhalts in sich reinzuschütten? Ist das Ausdruck des Versuchs, den südländischen Lebensstil zu adaptieren? Oder ist die Annahme des noch nicht der Demenz Anheimgefallenseins schlicht falsch? Ist es vielleicht doch an der Zeit, im Institut "Nervenruh" vorstellig zu werden und 6 qm mit weichen Wänden zu beziehen?

Danach: Andere Bar, gleiche Geschichte. Auch hier: Chupitos.

Der Chupito ist ein Euphemismus und ein Diminuitiv obendrein. Nach oberflächlicher Recherche fand ich heraus, dass das sowas wie "Leckerchen" oder "Lutscherlie" heißt. Wie dem auch sei, die Teile sind schlecht für die Gesundheit. Und schlecht für die Spanier, deswegen trinken die das auch nur dann selbst, wenn sie damit Touristen zum Weitertrinken anstiften wollen oder aus Gründen des Umsatzes müssen. Doch sobald die enthirnte Touristenbrut von dem Gift soweit geblendet ist, dass sie die Umweld nur noch Bilitis-artig wahrnimmt, rühren sie das Zeug nicht mehr an.

Ich äußerte bereits gestern die Vermutung, dass ein Chupito wenig mit einem Getränk zu tun hat und eher dem Bereich der Haushaltshygiene oder chemischen Kriegsführung zuzuordnen ist. Alle Fakten sprechen dafür: Die Zutaten sind allesamt frei von jeglichen natürlichen Einflüssen. Da kommt nichts rein, was irgendwo mal gewachsen ist. Da kommt nur das Edelste rein, das entweder mit "-zephin", "-etan" oder "-ose" endet. Außerdem besteht ein Chupito immer aus mehreren dieser Kontaktgifte. Jede Substanz mag für sich genommen nicht zwingend letal sein, in der Kombination allerdings sinken die Überlebenschancen des Konsumenten auf unter Null. Und der Tod tritt nicht schnell ein. Langes Leiden. Langer Lazarettaufenthalt. Bindet viele Feindkräfte.

Der Chupito wirkt direkt und kompromisslos auf das Willenszentrum des Gehirns. Dies hinwiederum legt die Vermutung nahe, dass er in Wirklichkeit von entweder den Russen oder den Amis erfunden wurde, vielleicht als Abfallprodukt der Wahrheitsdrogenforschung. Und ähnlich wie AIDS hätte auch der Chupito nie das Licht einer größeren Öffentlichkeit erblicken dürfen. Spätestens nach dem zweiten Chupito leidet auch das Sprachzentrum. Die Worte "Nein", "will nicht", "hässlich" gibt es nicht. Chupitoabende ermöglichen genausoviele Beziehungen, wie sie beenden. Heißt es.

Natürlich nur beim Jungvolk.

Und wir vergessen nicht: "Resaca" ist spanisch für "Kater".

Hasta Luego
El Jörch

Noch ein Bild. Einfach so.

Donnerstag, 16. April 2009

Ausweitung der Kampfzone

Auch das schönste Wohnzimmer wird irgendwann mal zu eng. Man muss raus. Sei es auch nur, dass man der Frau beim Saugen und Staubwischen nicht dauernd im Weg ist.

Im Wohnzimmer wohnt auch Pepe, der eigentlich Hektor (glaub ich) heißt, wie ein Maori aussieht, aus Mexiko kommt und in den USA studiert hat. Pepe ist von Don-artiger Präsenz. Irgendwie scheint er immer in der Picasso-Bar zu sein. Er ist immer da und hält Hof. Ich dachte mir also, Pepe ist entweder wirklich der Viertel-Don, dem man Respekt, Orangen und gelgentlich einen Verwantden opfert, doch ich lag daneben. Pepe ist nach aller Leute Aussage ein netter Kerl, der sich von Sprachschülerinnen ernährt und nebenher Geschäftsführer der "Cool"-Bar ist.

Pepe ist Geschäftsmann und Alex war besoffen. Aus dieser Konstellation entstehen in der Regel Geldflüsse. Wenn ich in solch einer Konstellation gefangen bin, fließt sogar noch mehr Geld. Leider immer von mir weg, nie zu mir hin.

Was ich damit meine? Alex lernt also Pepe kennen, Pepe erklärt Alex die Lage und lädt ihn und mich in die Cool-Bar auf einen Chupito ein. "Chupito" ist der spanische Ausdruck für "viel Alkohol auf wenig Flüssigkeit" und heißt soviel wie "Kurzer". Der Kurze im Cool war wirklich kurz, dafür aber auch gelb und schmeckte nach Toilettenreiniger. Meine Vermutung, dass es sich auch genau darum handelte, wurde durch die echt überzeugend einschlagende Wirkung vertrieben. Oder sie haben hier besseren Toilettenreiniger als wir daheim. Wenn das so ist, dann sollte ich mich vor der Abreise mit hiesigem Toilettenreiniger eindecken und die Versuchsreihe daheim fortsetzen.

Doch ich schwiff ab.

Cool-Bar, Chupito und was bleibt? Intensives Chemieztronenaroma der Marke Lever. Dem musste man entgegenwirken und dabei ist Weapon of Choice ein entsichertes Heineken. Kein Problem. Die Bedienung war nett, jung, aus Schweden und ich musste annehmen, dass sie aus rein statisch bedingten Gründen riesige Füße haben musste, um nicht dauernd vornüber zu kippen. Gut, das Bier kam, floss und kickte. Pepe steht an den Schallplattenspielern als wär das noch nicht veraltet und legt Lokalfolklore auf. Irgendein südländischer Rap, der Fluchttriebe in mir weckte. Wenn ich den Fluchttrieb verspüre, muss man mir folgen. "Jörg will gehen!" ist der allgemein anerkannte, aber bisher noch nicht veröffentlichte 7. Satz der Thermodynamik und somit Naturgesetz. "La cuenta, por favor" ist spanisch und heißt "die Rechnung, bitte". Bigfoot brachte die Rechnung und ein Heineken kostet in dem Laden 4 Euro. Klingt normal für Europa, war aber das bisher teuerste Bier, dass ich hier getrunken habe. Der Preis stand in nur eingeschränkter Relation zur Lokalität und in quasi garkeiner zur Qualität des Bieres. Wer einmal Heineken getrunken hat, weiß, worüber ich rede.

Ein Grund mehr, weiterzuziehen.

Proxima estacion, "Zeppelin". Mittlerweile finde ich den Laden. Habe es Harri noch nicht erzählt. Ich bin böse, ich weiß, aber Harri neigt langsam zum Furunkeln: man kriegt ihn, einmal am Arsch, nicht wieder los. Wir waren gegen 11.30 im Zeppelin, mithin viel zu früh. Der dort heimische Barmensch heißt Profé, jedenfalls habe ich das so verstanden, ist bis zur Pankreas tätowiert, spricht leidlich Englisch, ist Basser in der garnichtmal so schlechten Band "Devil's Dandruff" und willig, jeden Musikwunsch zu erfüllen, den man hat, solange noch niemand im Laden ist.

So kam es also, dass Nachts um 12 in einer der wenigen Rockbars in Malaga Paolo Conte "It's Wonderful" zum Besten gab und die Stimmung ins Absurde zu kippen drohte. Erlöst wurde der arme Barmann durch das Auftauchen von Gästen.

Der erste Gast war früher als Wand beschäftigt, sturzbetrunken und so wollt es mir deuchen, homoerotisch orientiert. Er hat sich - natürlich von mir - eine Zigarette geschnorrt und, als ich ihm Feuer gab, die Hand gehalten. Rein überlebenstechnsiche Überlegungen verboten mir die Zärtlichkeit zurückzuweisen. Er teilte mir mit, er kenne Deutschland. Wie schön. Ich werde mir also ein stärkeres Türschloss kaufen müssen, daheim. Später erfuhr ich, nachdem Profé ihn wegen unerlaubten Bierimports aus dem Laden geworfen hat , dass es sich wohl um einen Knacki handelte. Ich schätze mal, er hat wegen verschiedener Sexualdelikte eingesessen. Die freundliche Art und der Schnauzer lassen mich das vermuten. Meine Befürchtung, er würde draußen auf mich warten, haben sich zum Glück nicht als wahr erwiesen.

Der Rest des Abends verlief entspannt und gediegen. Das Bier im Zeppelin ist billiger und besser. So mussten wir uns also anstrengen, den durch das überteuerte Heineken versauten Schnitt durch den Kosnum vieler billigerer Biere wieder zu verbessern. Haben wir getan.

Es muss so gegen 2 gewesen sein, als mich Alex in die ungefähre Richtung meiner Wohnung drehte und sagte "Lauf!". Und ich lief.

Heute Morgen ging es mir den Umständen entsprechend. Meine wiederholt geäußerten Wünsche, mich doch bitte zu töten, wurden allerdings nicht erhört. Ich muss auf diesem Gebiet wohl ein wenig an meinem Spanisch arbeiten.

Heute ist betreutes Trinken mit Antonio. Unter dem Euphemismus "Excursion de bares" geht unser Lehrer mit uns in 3 verschiedene Bars. Wir fangen im Cool an. Wahrscheinlich bekommt er Prozente.

Man wird sehen...

Hasta luego
El Jörch

Dienstag, 14. April 2009

X-(a)Men

Montag Morgen, du rechnest mit nichts Schlimmen. Du gehst in die Schule und hast nicht mal einen Kater. Du hast die blöden Sprüche irgendwelcher unlustiger übergewichtiger Comickatzen über deren Abneigung gegenüber dem ersten Wochentag vergessen.

Und dann kommt der Lehrer breitgrinsend an und verteilt einen Überraschungstest.

Ich hasse Tests. Ich hasse Examina jeglicher Art. Ich hasse es, geprüft zu werden. Ich habe eine profunde Abeigung gegen Fragen, die nur darauf angelegt sind, mich in die Irre zu leiten und mich dazu bringen sollen, Fehler zu machen.

Doch Antonio, der Lehrer, kam, sah und legte. Und zwar die Examensfragen auf den Tisch.

Alles in allem habe ich aber gelassen reagiert. Professionell. Fast schon abgebrüht.

Leider hat Benedikt durch einen beherzten Griff an meinen Gürtel verhindert, dass ich mich aus dem ersten Stock stürzte. Will meinen, mein erbärmlicher Fluchtversuch scheiterte durch Benedikts Intervention und ich war gezwungen, den Test zu schreiben. Der Test war nicht schwierig, aber es ist einfach die Situation: Test. Mein Gehirn schaltete sofort auf "Weichspülen ohne Schleudern" und ich habe in Rekordzeit alles vergessen, was ich die letzten beiden Wochen hätte gelernt haben sollen.

Hat aber trotzdem geklappt. 17 von 20 Punkten. Ich bin so toll. Ich bin der Held.

Ich erwarte eure Glückwünsche.

Die neue japanische Studentin hat allerdings völlig versagt, die dumme Nuss. Ich frag mich immer, wie man so doof sein kann. Man muss doch nur ein wenig kontinuierlich lernen. Ein wenig locker bleiben, sich ein wenig anstrengen. Aber nein, die doofen Weiber wollen immer nur feiern, fiesta, Halligallidrecksauparty. Da kann das ja nix werden. Aber sich dann über die Schlechtigkeit der Welt aufregen, als wärs deren Schuld. Ich habe nicht das geringste Mitgefühl und werde mich dafür einsetzen, dass sie eine Stufe zurückgesetzt wird. Ich möchte nicht mit dohfen Leuten arbeiten.

Ich sollte einen Lehrer für mich alleine haben, weil ich so toll bin.

Und jetzt geh ich heim, mich ein wenig selbst im Spiegel bewundern.

Hasta Luego
El Jörch (Nivel 2)

Sonntag, 12. April 2009

Es ist vollbracht!

Sonntag:
Heute ist wirklich die allerletzte, aber die sowas von allerletzte von Prozession durch's Dorf gewankt. Aus, vorbei, keine Madonnen, keine Jesen, keine Klansbrüder. Die Stadt schaltet um, von "außerordentlicher Wahnsinn" auf "ganz normaler Wahnsinn".

Freitag:
Natürlich haben die Malaguenos ausgiebig an ihrem schlechten Ruf gefeilt und sich am Freitag abend nochmal so richtig ins Zeug gelegt und alles an Verhaltensauffälligkeiten praktiziert, was der Katalog psychischer Erkrankungen hergibt.

Alkoholabusus:
Müllvermeidung vermeiden:
Und den Rekord brechen im Madonnen-durch-die-Gegend-tragen-und-dabei-einschlafen:

Im übrigen quietschen die Straßen. Das Wachs der Kerzen, das sich während der Prozessionen auf der Straße gesammelt hat, bildet einen soliden, fast fälchendeckenden Film über allen Straßen. Der Effekt ist nun folgender, dass jedes Auto, das selbst langsam über die Straße fährt, Geräusche verursacht, als würden die Verfolgungsjagden aus "Bullit" live aufgeführt werden. Das ist vor allem dann Quelle großen Spaßes und Heiterkeit, wenn man als Fußgänger panisch über die Straße hechtet, weil man ein vermeintlich heranrasendes Auto hört. Letztlich schleicht aber nur ein ältliches Gefährt, gefahren von einem ebenso ältlichen Fahrer, behäbig um die Ecke.

Aber das hält die Instinkte wach und den Geist rege. Sowas trainiert.

Samstag:
Gestern abend hat Alex zum Grillen eingeladen. Sowas geht wohl nur hier, in der Picasso-Bar. Ein mir bis dato fast völlig Fremder lädt mich zusammen mit Heinz, meinem Wohnzimmermitbewohner und Kellner der Herzen zum Grillen ein. Ich habe gefragt, ob ich noch andere Leute mitbringen könne und, klar, bring mit, wen du mitbringen willst. Das nennt man Vertrauen in die Menschen. Immerhin hätt ich ja auch Charles Manson und Georg W. Bush mitbringen können. Muss man sich ja nur mal vorstellen.

So sah die Blase aus:
Ich habe doch "nur" Anna, Julia und Benedikt mitgebracht. Charly hatte "im Keller zu tun" und George war zum Aalangeln in Alaska. Weiterhin haben wir noch Alex, Heinz und Vladimir.

Das Grillen war der Hammer. Frischer Fisch mit selbst gefangenem Thymian (oder sonst so ein Kraut, ich hab in Herbologie immer geschwänzt!), Gambas, Hamburger, dazu Tomaten, Brot, Bier und Rum. Den Rum brachte Vladimir mit, der hiesige Fahrradrickschaverleiher, ex-Russe und trinkfestes Multitalent. Wie man so schön sagt: Die Zeit verflog wie Dackel im Winde und gegen 12 Uhr war die gesamte Brut stramm in Schräglage. Wir waren dann noch im "Velvet-Club", einer sehr angenehmen Disco. Gut, es könnte auch die Sakristei der Kirche um die Ecke gewesen sein, ich war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vollumfänglich in der Lage, die mehr als unzuverlässigen Eindrücke meines angeschlagenen Sensoriums einzuordnen beziehungsweise zu verarbeiten.

Heute morgen fühlte ich mich nur eingeschränkt lebensfähig. Ein kurz nachmittägliches Testbier wirkte verheerend, ich musste die Testreihe vorzeitig abbrechen.

Wir haben Anna und Julia verabschiedet, die sich nicht ganz freiwillig wieder ins wunderschöne Kassel zurückexpedieren müssen. Darüber hinaus habe ich mich vom Farbensehen verarbschiedet. Ich bin aber zuversichtlich, dass Letzteres demächst wieder zurückkehren wird.

Ich übe zurzeit die spanische Terminologie aus dem Themenkreis Bad, Toilette und Magenbeschwerden. Übung macht den Meister.

Hasta Luego
El Jörch

Freitag, 10. April 2009

Ausnahmezustand

Leuts, sorry, hier geht garnichts mehr. Die Stadt ist dicht, die Bars sind dicht, und am Ende des Tages, der auch meist der Anfang des nächsten ist, bin ich es auch.

Vehemenz und Penentranz, Ausdauer und Inbrunst, mit welcher die Malaguenos die immer gleichen Figuren durch immer die gleichen Gassen mit immer der gleichen backenzahnplombenlösenden Musik tragen, verdient Respekt. Oder viele Zellen mit weichen Wänden, ich habe es immer noch nicht herausgefunden.

Beim Versuch, diesem staatlich verordnetem Chaos für einige Minuten zu entkommen, bin ich heute mit meinen neuen Freunden Benedikt, Anna und Julia den Strand entlanggelaufen. Eigentlich wollten wir heute in den botanischen Garten, der aber wegen angekündigten Regens, der dann nicht kam, abgesagt wurde.

Anna hatte die Idee, Jörg den Plan. Der jörg'sche Plan ist der wohlbekannte und deshalb immer der selbe: man lässt sämtliche Pläne, Karten und sonstige Orientierungshilfen weg und läuft einfach so lange geradeaus, bis sich was ergibt. Und es ergab sich, dass wir eine sehr schöne, sehr spanische Hafenkneipenstraße entdeckten, an der es sich prima sein ließ.

Hier einige Impressionen:
Sie halten hier Shar-Peis, wie wir Dackel. Ich hätte gern auch so einen. Immerhin hätte ich dann einen Hund, der mehr Falten hätte als ich. Das lenkt ab!
Sandsturm. Der angekündigte Regen wurde kurzfristig wegen der Semana Santa abgesagt. Stattdessen hatten wir Sandsturm. Beeindruckend. Schlecht für die Atemwege, aber durchaus nichts, was man mehr als einmal braucht.
Damit endete der Strand. Jetzt gehts wieder in die Stadt. Prozessionen anschauen. Ich weiß eins genau: wenn ich in meinem Leben noch einmal eine weinende Madonna sehen muss, kotz ich.

Ab morgen wird die Berichterstattung wieder ausführlicher. In diesem Sinne...

Hasta Luego
El Jörch

Dienstag, 7. April 2009

Bei der Massage

Die Wohnung ist alt. Das Bett darin ist historisch. Das Teil haben die Ostgoten bei der Völkerwanderung hier vergessen, und seitdem verstauchen sich die Gäste darauf allnächtlich das Kreuz. So auch ich. Heute morgen habe ich mich gefühlt, als hätte ich mehrere "tronos" alleine durch die Stadt getragen, sprich, ich habe mir auf dieser Bettkarikatur so dermaßen den Rücken dejustiert, dass ich nicht mehr konnte.

Wär ich ein Auto, man würde mich als "Montagsmodell" bezeichnen. Von der Konzeption her OK, aber in der Ausführung mangelhaft. Ich komme mir vor, wie eine Kaserne am Freitag abend: Verschiedene Teile von mir gehen einfach aus.

Die Lösung des Problems heißt "Trinidad". Trinidad ist die heilige Dreifaltigkeit aus perfekter Masseurin, freundlicher Frau und langsam sprechender Spanierin. Bei ihr war ich heute zur Massage. Eine Stunde lang hat sie mich massiert, wie ich noch nie zuvor im Leben eine Stunde lang massiert wurde. Auf dem Bauch liegend, auf dem Rücken liegend, sie hat mir die Arme nach hinten und vorne gebogen, kurz, sie hatte es echt drauf. Und das Ganze für 30 Euro. Gut, das ist jetzt kein Schnäppchen, aber auch alles andere als überteuert. Gerade auch im Vergleich zu deutschen Masseuren, die die halbe Stunde für 18 Euro nach 20 Minuten abkürzen und einem dann noch für 10 Minuten erlauben, kostenneutral auf der Pritsche auszudampfen.

Wenn mir noch ein Grund gefehlt hat, hierher zu ziehen, dann habe ich ihn Trinidad gefunden. Vielleicht werde ich sie auch heiraten, das käme dann noch günstiger. Und als Schwuler in Málaga (der Akzent ist nur für dich, Clemens!) kann man eine Alibifrau durchaus gut gebrauchen.

Ich bin immer noch völlig hin und weg.

Weiterhin versuchen heute die Lilanen den Rekord im "Dinge-durch-die-Gegend-tragen" zu brechen. Insofern nichts Neues aus dieser Richtung.

In diesem Sinne! Warme Grüße aus Málaga
El Jörch

Montag, 6. April 2009

Coming Out

Manche werden es schon vermutet haben, andere mag es überraschen, Sandra, für Dich tut es mir leid, dass du es so erfahren musst, aber: Ich bin schwul.

Ich wusste vorher nichts davon, auch jetzt bin ich mir meiner neuen Identität noch in keinster Weise eingedenk, aber die wissenschaftliche Präzision, mit welcher man mir gestern meine sexuelle Ausrichtung deduziert hat, duldet keinen Widerspruch.

Gestern abend hatte ich ein zunächst sehr nettes, im weiteren Verlauf ins Kafkaeske eskalierendes Gespräch mit einer endvierziger Spanierin. Von ihr also weiß ich, dass ich Männer mag. Aufgrund ihrer Abschlussperformance werde ich sie im weiteren nur noch "durchgeknallte Krawallische" nennen, und das auch nur, weil mir die eigentlichen Worte als für ein vielleicht jugendliches Publikum inadäquat erscheinen.

Warum? Nun, das ist einfach. Zu den Gründen:

1. Mein Netbook
Mein Netbook ist schwul. Es ist zu klein. So einen kleinen Scheiß, meinte die durchgeknallte Krawallische, verwendet ein Mann in Spanien nicht.

In Spanien ist das Rollenverständnis noch sehr ausgeprägt. Frauen haben dumm, hübsch und putzwillig zu sein. Männer sind bärig, erwürgen Mammuts und lieben Maschinen, Scheiß, Schweiß und das Angeben mit der Riesigkeit ihres Gemächts. Auf diesem noch leicht neolithischen Niveau nimmt es dann also nicht Wunder, dass ein Gerät, zumal ein technisches, nur dann etwas taugt, wenn es groß ist. Das Auto muss groß sein. Der Fernseher muss groß sein. Die Penispumpe muss groß sein. Alles muss groß sein. Die Errungenschaften der letzten Dekaden auf dem Gebiet der Elektronik sind am spanischen Mann mit Ausnahme des Handys vorbeigegangen. Somit ist also ein guter Laptop einer, der groß ist. Über die offensichtlichen Nachteile, ein 21-Zoll-Laptop mit externer Energieversorgung, einem daraus resultierenden Gewicht von ca 10 Kilo und einer Batteriearbeitszeit von unter 10 Minuten mit sich herumzuschleppen macht sich der Spanier keine Gedanken. Im übrigen sind die meisten von ihnen geistig auch nicht in der Lage, einen Laptop ausser als Türstopper oder zur Abwehr angreifender Paarhufer einzusetzen. Insofern ist die Eigenschaft der Größe als einzig relevante Eigenschaft und somit als möglicher Vorteil im allabendlichen Balzverhalten adoleszenter Spanier nachvollziehber. Und hieraus folgt im Umkehrschluss, dass ein Mann, der sich absichtlich und sehenden Auges mit einem kleinen Laptop in der Balzarena sehen lässt, eben Frauen als Objekt der Werbung nicht ansprechen mag und somit muss dieser eben schwul sein. Q.E.D.

2. Bar Brussels
Mein Wohnzimmer öffnet erst spät. Erst so gegen 11. Daraus resultiert das allmorgendliche Problem der Behebung einer gravierenden Koffeinunterversorgung. Sprich, meinen ersten Kaffee trinke ich in der Bar Brussels. Die Bar Brussels unterscheidet sich in exakt nichts von der Bar Picasso, ausser dass man sich an den meisten Tischen keine Spreisel in die Handfläche jagt und Kellner und Kellnerin (sic!) nur Spanisch sprechen. Dennoch ist die Bar Abends der lokale Schwulentreffpunkt in Malaga. Der Umstand, dass ich nichts davon wusste, gilt wie im Strafrecht auch hier nicht als strafbarkeitsausschließend. Wer dort Kaffee trinkt, ist schwul, basta. Wahrscheinlich ist sogar die Kellnerin schwul, nur hat's ihr noch keiner gesagt.

Somit wurde damit auch ein weitere Nagel in den Sarg meiner Heterosexualität eingeschlagen.

3. Torremolinos
Mein erster Ausflug aus Malaga heraus ins benachbarte Umland führte mich nach Torremolinos. Nach meiner dort gemachten Erfahrung, gibt es in Torremolinos viele Touristengeschäfte, Katzen, einen Strand und klandestin gelegene Parkgaragen nebst freundlichen Polizisten.

Viel zu spät musste ich erfahren, dass Torremolinos die größte Schwulengemeinde in Spanien beherbergt, es der einzige Ort in Spanien ist, in welchem es ein schwules Stundenhotel gibt, und dass man dort schon durch das Einatmen der Luft zwangsläufig auch schwul wird. Zack-Bumm, ein weiterer nicht zu widerlegender Beweis der Anklage.

4. Meine Haare...
... gehn ja mal garnich. Ein Mann, der sich in Spanien die Haare färbt, muss schwul sein. Keine Widerrede, das ist so. Genausogut könnte ich mit einem Maiskolben im Hintern den ganzen Tag nackt durch die Innenstadt rennen und dabei "Mehr! Tiefer! Tu mir weh!" brüllen, und sogar das ließe sich noch eher als schlechter Wetteinsatz interpretieren, als eben blond gefärbte Haare.

Im übrigen ein weiterer Beweis für die noch im recht frühen Pleistozän der Menschwerdung hängengebliebenen Geisteshaltung des gemeinen südlichen Iberers. Das einzige, was mich jetzt noch retten kann, ist dass ein spanischer Fußballheld sich die Haare blond färben lässt. Ähnlich wie der durch den gleichnamigen Elfmeterverschießer berüchtigt gewordene Beckham-Iro könnte auch das dazu führen, dass der gemeine Spanier auf einmal die Lust am Blondieren entdeckt und sich frohgemut die Tolle hellstblond onduliert und es dann so darstellt, als wäre das überhaupt noch nie anders gewesen und somit das coolste überhaupt auf der Welt und jeder der was anderes behauptet bekommt eine auf die Fresse. Der Spanier braucht Vorbilder, sonst weiß er nicht, was er tun soll. Und das macht ihn böse.

Tja, leider ist es noch nicht so weit. Und bis es soweit ist, bin ich eben schwul.

Und jetzt geh ich in die Bar Brussels und lass mich aufreissen. Mir ist heute "schmutzig" zumute.

Hasta Luego, ihr Schweinchen y Hei-tei-tei
El Maricón

Sonntag, 5. April 2009

Und jetzt nochmal ernsthaft


Die ganze Nummer ist natürlich auch ein riesigier Touristenmagnet. Dennoch betreiben die Bocerones, wie man die Malagener umgangssprachlich nennt, die Sache nicht ohne einen gewissen Ernst. Ein "gewisser" Ernst deshalb, weil - soweit ich das überschauen kann - es viel mit dem südamerikanischen Carneval gemeinsam hat. Man findet sich in den "hermandades", Bruderschaften zusammen, ich glaube, man baut oder dekoriert dort diese riesigen Monstranzen, "tronos" genannt, man übt das Tragen der Dinger und auch die Choreografie. Kurz man unterwirft sich einem gemeinsamen Ziel und freut sich wie die Schneekönige, wenn man das Gelernte vorzeigen darf.
Es ist in der Tat beeindruckend, wenn die Prozession, begleitet von herrlich lauter und vor allem allzugenaue Notentreue verachtender Musik ankommt. Die vermummten Gestalten der "nazarenos", der Weihrauch, die Musik, die aufwändigen Figuren und Darstellungen der Passion, das muss vor allem in früheren Jahrhunderten den Leuten mächtig zu denken und schenken gegeben haben.

Am meisten hat mich dann doch die offensichtliche Schwere der Trageaktion und der Aufwand beeindruckt, der betrieben werden muss, die Jungs, die Träger auf Kurs zu halten. Laut Wikipedia soll es sich pro "trono" um bis zu 250 Leute handeln, die das Teil tragen. Das kommt hin. Um sie herum springen Befehle brüllend zwei vermummte Einweiser, die sagen, wo's lang geht. Wobei "sagen" geschmeichelt ist, denn die Buben brüllen in einem echt zackigen Kasernenhofton um die Wette.
Anheben und absetzen des "trono" wird durch eine vorne angebrachte Glocke angekündigt. Einmal bimmeln ist absetzen, zweimal bimmeln ist die Vorbereitung zum wiederanheben, wieder einmal bimmeln ist dann anheben. Das ganze funktioniert mit maschinenartiger Präzision und ist ebenfalls beeindruckend zu beobachten. Im übrigen ist es ganz schlecht für die Ohren, wenn man neben der Glocke steht, wenn diese geschlagen wird. Da fallen einem schon mal gerne die Plomben aus den Zähnen.
Wie gesagt, das Ganze ist mehr oder weniger ein großes Schaulaufen und wohl auch ein gesellschaftliches Ding. Doch manche scheinen mehr damit zu verbinden, als nur Jux und Dollerei.
So hat er hier offensichtlich etwas arg böses getan, wofür er Büßen muss, beziehungweise will. Ich habe noch nicht herausgefunden, inwieweit das authentisch ist. Auch laufen die meisten Leute mit normalem Schuhwerk. Wenige hingegen laufen tatsächlich Barfuß.
Daneben aber ist die Veranstaltung ähnlich wie Weihnachten eine ganz große Sache für die Kinder, die hier in Spanien eine Narrenfreiheit erleben, die schon fast ans Fanatische grenzt. Die Bratzen dürfen eigentlich tun und lassen was sie wollen. Vorhin in meinem Wohnzimmer kam so ein kleiner Bazillus an, schnappt sich meine Sonnenbrille, verbiegt und ruiniert sie unter den Augen der Eltern. Eltern und Bazille lachen, meine Brille ist dahin und ich kann mich aus schierem Überlebensinstinkt nicht in der von mir als adäquat erachteten Form rächen. Sei's drum.

Kinder. Es gibt da einige Verhaltensweisen, die auffällig sind. So sind die Kinder alle darauf bedacht, den Kapuzenleuten die Hand zu geben. Auch hier habe ich noch nicht herausgefunden, warum das so ist. Ich vermute, das dient dazu, ein wenig den Horror aus der Situation zu nehmen. Nun, und so müssen die eh schon armen Büßer jedem Bratz die Hand schütteln, was sie auch mit stoischer Ruhe tun.
Ein anderes Kuriosum ist, dass die Kinder das von den Kerzen heruntertropfende Wachs, teilweise einfordernd, sammeln, und zu Kugeln formen, mit denen sie dann angeben. Wie im Erwachsenenleben scheint auch hier der zu gewinnen, der den größten Haufen macht.
Im Übrigen sind die Mützen wohl beeindruckend, aber vom Tragekomfort her eher misglückt. Sie scheinen bauartbedingt eine arge Tendenz zu haben, entweder nach vorne oder hinten herabzusinken, sodass die Kapuzenträger die ganze Zeit damit beschäftigt sind, die Teile auf dem Kopf zu behalten.
Und morgen geht das heiter weiter. Die ganze Woche. 12 Stunden am Tag.

Ich werde berichten.

Buenas noches!
El Jörch

35. Klan-Treffen, Malaga

Auch dieses Jahr sind wieder alle Ortsgruppen und Provinzvertretungen erschienen.
Die Blauen, die Nichtganzsoblauen, die Roten, die Grünen und die Schwarzen. Oder wie Eingeweihte sie nennen: Chico, Harpo, Gummo, Groucho und Zeppo. Und sie haben ihre Freunde mitgebracht.

Da ist zum einen der Lord-Messermeister und königlich-hoheitlicher Serviettenfalter. Auch dieses Jahr präsentiert er das rituelle Lynchbesteck nebst ritueller Serviette zum Blutaufwischen:
Gefolgt von einer Abteilung der jüngst eingegliederten Ersten Beschnittenen Adipös-Königlichen Bombenbauer, Niederlassung Malaga:
Kennzeichnend für diese Verbindung ist der unverkennbare, einheitlich angeschlagene Gang. Diese als traditionell geltende Fortbewegungsart muss in vielen mühsamen, alkoholgeschwängerten Sitzungen erlernt werden und wird innerhalb der Familie vererbt.

Die Gelegenheit wurde auch dieses Jahr von den Veranstaltern gerne genutzt, Mobiliar zu transportieren. Anschließend gab es für die willigen Helfer Würstchen mit Kartoffelsalat und Bier aus Dosen.
Bruder Holger brachte seinen jüngst beendeten Roman "Mein Leben mit der Mütze" und zeigte ihn auch voller Stolz allen Anwesenden. Laut eigener Aussage hat er alle Worte selbst geschrieben und den Einband in seiner Privatwerkstatt selbst aus Coladosen gezimmert.
Auch der Nachwuchs wurde involviert. Leider sind noch nicht alle Kinder im Umgang mit den traditionellen Utensilien hinreichend vertraut. So ist die Verwendung der "Heiligen Schelle von Lynchburg" noch nicht vollumfänglich bei diesem Nachwuchsbruder verinnerlicht. Natürlich wurden die Eltern informiert und mit der Auferlegung der entsprechenden Sanktionen beauftragt.
Die Staatsgewalt überwachte das Geschehen unter eingeschränkter Geheimhaltung, konnte aber nichts Gerichtsverwertbares feststellen.
Dafür sorgte nicht zuletzt Verbindungsbruder und Referent für Öffentlichkeitsarbeit Dr. Stattler, hier im Bild mit der "Zeremonienknute für Ganz Harte Fälle", Symbol für Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit und Irreführung der Medien:
Davon abgesehen war auch das diesjährige Treffen ein großer Erfolg. Die Veranstalter bedanken sich bei allen Teilnehmern und Aktiven und freuen sich schon jetzt auf das kommende Jahr.

Hans, der Letzte seiner Art...

Samstag, 4. April 2009

Oh mein Gott, sie kommen! Sie sind durchgebrochen!

Seit 15.45 ist die Front eröffnet. Riesige Landungsbusse branden unentwegt gegen die Gestade der Plaza de la Merced. Unmengen uniformierter Ausländer entströmen dem Inneren, bis an die Zähne bewaffnet mit Spiegelreflexrepetierkameras, Stahlmützen mit lustigen Aufschriften und der Geheimwaffe der feindlichen Macht: unbeschränkte Zählungsfähigkeit. Kein Spanier, keine Malagueno kann sich ihnen noch in den Weg stellen, sie sind unbemerkt zu weit ins Landesinnere vorgedrungen. Der Frontverlauf ist nicht eindeutig festzustellen, die Verteidigung liegt in Trümmern, weite Teile der Stadt sind aufgegeben. Hie und da halten sich studentisch-einheimische Partisanennester, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch diese von der schieren zahlenmäßigen Überlegenheit der Angreifer überrannt werden. Aus den östlichen Vororten Malagas wird noch vereinzeilt Gewehrfeuer gemeldet, doch es ist weiterhin unklar, ob es sich um Verteidigunsfeuer oder Selbstmordsalven handelt, letzter Fluchtweg vor der Vereinnahmung durch die alliierte-touristische Armee.

Berichte, dass die Semana Santa dieses Jahr in italienisch und englischer Übersetzung mit deutschen Untertiteln abgehalten werden soll verbreiten sich im Stadtinneren. Man sieht ältere Einwohner nur mit Handwagen ausgerüstet ihre Habe in Sicherheit bringen. Zum Glück sind die Ausfallstraßen noch frei, der Angriff konzentriert sich lediglich auf die touristisch interessanten Gebiete, die schon im Vorfeld durch Kommandoeinheiten mittels "Man spricht deutsch"-Schildern heimlich gekennzeichnet wurden.

Auf der der Plaza de la Merced gegenüberliegenden Seite ist Kindergeschrei zu hören. Ein ältliches Angreiferpaar hat die Assault-Nikon in Anschlag gebracht und droht, das Kind ohne Entrichtung eines Entgelts zu fotografieren. Die Mutter wirft sich in den Belichtungsweg und bleibt reglos liegen. Ungerührt ziehen die Angreifer weiter, lachend über das Unheil, das sie verursacht haben. Auch erreichen mich erste Berichte über Vergewaltigungen. Erstes Opfer dieser Übergriffe ist die spanische Sprache, die mit Ausdrücken wie "donde hasta birra chica saludos" bis an die Grenze des Ertragbaren geschunden wird. Doch sie schreit nicht, sie wehrt sich nicht, nur ein leises Wimmern, ein fast unhörbar geäußerter Wunsch nach Erlösung ist zu vernehmen, und das auch nur, wenn man ganz genau hinhört.

Das Ende der Beschaulichkeit ist gekommen. Die Touristen sind da. Ab jetzt läuft wohl alles ein wenig anders. Malaga wurde zur Offenen Stadt erklärt.

Freitag, 3. April 2009

Thank God it's Friday!

Die erste Schulwoche ist überstanden. Um mich selbst dafür zu belohnen, bin ich heute zum ersten Mal an den Strand gefahren.
Um ehrlich zu sein, es ist noch ein wenig frisch im Schatten und auf dem Wasser schwimmen nur deswegen keine Eisberge, weil es dafür zu wellig ist:
Das Publikum ist noch recht jung:
Und an vielen Stellen ist der Strand noch nicht mal fertiggebaut. Allenthalben wird aufgeschüttet, abgeladen, angesaugt, ausgepustet, geschippt, geschaufelt, getan und gemacht. Soviel zum Thema "naturbelassener Strand". Am Arsch:
Drummerum ist es aber allenthalben mächtig am blühen und wachsen.
Auch wenn es so aussieht, das sind keine Falschfarben. Sogar die spanischen Blumen haben einen ausgesprochenen Hang zum Übertreiben.
Kurz und knapp: Die Strandsaison ist noch nicht völlig eröffnet. Aber die Colabier-Saison.
Was im übrigen nicht selbstverständlich ist, hier zu bekommen. Der Spanier ist Purist und als solcher allen Bierersatzgetränken, also Bier mit was drin, gegenüber eher zurückhaltend. Der Vorteil ist meine bald WGhafte Beziehung zu Heinz. Heinz kennt -logisch- Colabier und trinkt das auch gerne. Er hat mich instruiert, dass wenn er mal keinen Dienst haben sollte, und ich ein Colabier bestellen möchte, nach einer "Cerveza Heinz" fragen soll. Die anderen Angestellten wüssten dann, was ich meine. Es empfiehlt sich also immer, etwas Deutsche im Haus zu haben.

Ab Sonntag wird hier der heilige Wochenmops toben. Dann gibt es wieder mehr zu berichten.

Hast luego.
El Jörch

Donnerstag, 2. April 2009

La Aza... la acza... la abraca... la ...

... altes kaputtes Schloss über der Stadt!

Mit anderen Worten: Kultur. Heute war Kultur. Die ersten Kultur seit einigen Tagen, ich hatte ja schon Ausfallerscheinungen. Soviele Tage ohne Kultur, da wird der Jörch trübsinnig.

Heute also "la Alabamalasabramaobama". Die "Alarmabinladenobamasalami" ist eine alte muselmanische Festung ein paar Meter über der Stadt. Sie ist alt, muselmanisch, klingt komisch und ist im groben und ganzen dem heidelberger Schloss nicht unähnlich, nur nicht ganz so kaputt und im Sommer nicht ganz so gut beleuchtet. Was bei der Länge des Sommers hier auch nachvollziehbar ist. Immerhin ist der hier länger, und wenn man für 9 Monate versucht, ein durchaus großes Gebäude touristisch beeindruckend zu illuminieren, dann gehn da schon mal gut und gerne 4/5 des kommunalen Haushalts nur für Glühbirnen drauf.

Was soll man sagen? So sieht das Gemäuer aus:
Schloss halt. Ich glaube, die Dinger wurden irgendwann mal vor ein paar tausend Jahren entworfen, gebaut und dann über dem Globus verteilt. Ähnlich wie die Dinosaurierknochen. Einfach um folgende Generationen zu verwirren.
Nachdem die Führerin (gnihi...) in unvergleichlich penetranter Stimme auf uns eingebrüllt hat, war dann auch dieses kulturelle Erlebnis überstanden. Was an der Stelle natürlich mal wieder beeindruckend war, war der Umstand, dass Leute denken, man könnte eine Sprache dann besser verstehen, wenn man zwar nicht langsamer, dafür aber lauter schnell brüllt. An Wissenswertem habe ich mitgenommen, dass die Muselmanen im frühen 11. Jahrhundert das Dingen gebaut haben. Dann haben sie drin gewohnt und sich Harems gehalten. Das Wort für das Fenster zum Harem, das immer verschlossen war, ist der Ursprung für das englische Wort "jealeous" und bedeutete damals so viel wie "nicht reingucken dürfen weil sonst Kopf/Schniedel ab". Die gleiche Bedeutung findet sich noch heute in der deutschen "Jalousie". Naja, fast. Kein Deutscher, der sich heute eine Jalousie kauft, muss Angst um sein Gemächt haben. Aber der Gedanke ist klar.

Soviel Bildung macht natürlich durstig. Den Rest des Abends hab ich denn zusammen mit Harri im "El Pimpi" (kein Witz) verbracht, wo Harri mir auf Anfrage die Geheimnisse der finnischen Sprache versuchte beizubringen. Er ist kläglich gescheitert. Aber das ist eine andere Geschichte.

Draußen sammeln sich gerade uniformierte Leute mit Instrumenten. Ich befürchte fast, dass die Semana Santa eingeblasen wird. Da will ich nicht fehlen.

Wir lesen uns!

Hasta luego.
El Jörch