Montag, 6. April 2009

Coming Out

Manche werden es schon vermutet haben, andere mag es überraschen, Sandra, für Dich tut es mir leid, dass du es so erfahren musst, aber: Ich bin schwul.

Ich wusste vorher nichts davon, auch jetzt bin ich mir meiner neuen Identität noch in keinster Weise eingedenk, aber die wissenschaftliche Präzision, mit welcher man mir gestern meine sexuelle Ausrichtung deduziert hat, duldet keinen Widerspruch.

Gestern abend hatte ich ein zunächst sehr nettes, im weiteren Verlauf ins Kafkaeske eskalierendes Gespräch mit einer endvierziger Spanierin. Von ihr also weiß ich, dass ich Männer mag. Aufgrund ihrer Abschlussperformance werde ich sie im weiteren nur noch "durchgeknallte Krawallische" nennen, und das auch nur, weil mir die eigentlichen Worte als für ein vielleicht jugendliches Publikum inadäquat erscheinen.

Warum? Nun, das ist einfach. Zu den Gründen:

1. Mein Netbook
Mein Netbook ist schwul. Es ist zu klein. So einen kleinen Scheiß, meinte die durchgeknallte Krawallische, verwendet ein Mann in Spanien nicht.

In Spanien ist das Rollenverständnis noch sehr ausgeprägt. Frauen haben dumm, hübsch und putzwillig zu sein. Männer sind bärig, erwürgen Mammuts und lieben Maschinen, Scheiß, Schweiß und das Angeben mit der Riesigkeit ihres Gemächts. Auf diesem noch leicht neolithischen Niveau nimmt es dann also nicht Wunder, dass ein Gerät, zumal ein technisches, nur dann etwas taugt, wenn es groß ist. Das Auto muss groß sein. Der Fernseher muss groß sein. Die Penispumpe muss groß sein. Alles muss groß sein. Die Errungenschaften der letzten Dekaden auf dem Gebiet der Elektronik sind am spanischen Mann mit Ausnahme des Handys vorbeigegangen. Somit ist also ein guter Laptop einer, der groß ist. Über die offensichtlichen Nachteile, ein 21-Zoll-Laptop mit externer Energieversorgung, einem daraus resultierenden Gewicht von ca 10 Kilo und einer Batteriearbeitszeit von unter 10 Minuten mit sich herumzuschleppen macht sich der Spanier keine Gedanken. Im übrigen sind die meisten von ihnen geistig auch nicht in der Lage, einen Laptop ausser als Türstopper oder zur Abwehr angreifender Paarhufer einzusetzen. Insofern ist die Eigenschaft der Größe als einzig relevante Eigenschaft und somit als möglicher Vorteil im allabendlichen Balzverhalten adoleszenter Spanier nachvollziehber. Und hieraus folgt im Umkehrschluss, dass ein Mann, der sich absichtlich und sehenden Auges mit einem kleinen Laptop in der Balzarena sehen lässt, eben Frauen als Objekt der Werbung nicht ansprechen mag und somit muss dieser eben schwul sein. Q.E.D.

2. Bar Brussels
Mein Wohnzimmer öffnet erst spät. Erst so gegen 11. Daraus resultiert das allmorgendliche Problem der Behebung einer gravierenden Koffeinunterversorgung. Sprich, meinen ersten Kaffee trinke ich in der Bar Brussels. Die Bar Brussels unterscheidet sich in exakt nichts von der Bar Picasso, ausser dass man sich an den meisten Tischen keine Spreisel in die Handfläche jagt und Kellner und Kellnerin (sic!) nur Spanisch sprechen. Dennoch ist die Bar Abends der lokale Schwulentreffpunkt in Malaga. Der Umstand, dass ich nichts davon wusste, gilt wie im Strafrecht auch hier nicht als strafbarkeitsausschließend. Wer dort Kaffee trinkt, ist schwul, basta. Wahrscheinlich ist sogar die Kellnerin schwul, nur hat's ihr noch keiner gesagt.

Somit wurde damit auch ein weitere Nagel in den Sarg meiner Heterosexualität eingeschlagen.

3. Torremolinos
Mein erster Ausflug aus Malaga heraus ins benachbarte Umland führte mich nach Torremolinos. Nach meiner dort gemachten Erfahrung, gibt es in Torremolinos viele Touristengeschäfte, Katzen, einen Strand und klandestin gelegene Parkgaragen nebst freundlichen Polizisten.

Viel zu spät musste ich erfahren, dass Torremolinos die größte Schwulengemeinde in Spanien beherbergt, es der einzige Ort in Spanien ist, in welchem es ein schwules Stundenhotel gibt, und dass man dort schon durch das Einatmen der Luft zwangsläufig auch schwul wird. Zack-Bumm, ein weiterer nicht zu widerlegender Beweis der Anklage.

4. Meine Haare...
... gehn ja mal garnich. Ein Mann, der sich in Spanien die Haare färbt, muss schwul sein. Keine Widerrede, das ist so. Genausogut könnte ich mit einem Maiskolben im Hintern den ganzen Tag nackt durch die Innenstadt rennen und dabei "Mehr! Tiefer! Tu mir weh!" brüllen, und sogar das ließe sich noch eher als schlechter Wetteinsatz interpretieren, als eben blond gefärbte Haare.

Im übrigen ein weiterer Beweis für die noch im recht frühen Pleistozän der Menschwerdung hängengebliebenen Geisteshaltung des gemeinen südlichen Iberers. Das einzige, was mich jetzt noch retten kann, ist dass ein spanischer Fußballheld sich die Haare blond färben lässt. Ähnlich wie der durch den gleichnamigen Elfmeterverschießer berüchtigt gewordene Beckham-Iro könnte auch das dazu führen, dass der gemeine Spanier auf einmal die Lust am Blondieren entdeckt und sich frohgemut die Tolle hellstblond onduliert und es dann so darstellt, als wäre das überhaupt noch nie anders gewesen und somit das coolste überhaupt auf der Welt und jeder der was anderes behauptet bekommt eine auf die Fresse. Der Spanier braucht Vorbilder, sonst weiß er nicht, was er tun soll. Und das macht ihn böse.

Tja, leider ist es noch nicht so weit. Und bis es soweit ist, bin ich eben schwul.

Und jetzt geh ich in die Bar Brussels und lass mich aufreissen. Mir ist heute "schmutzig" zumute.

Hasta Luego, ihr Schweinchen y Hei-tei-tei
El Maricón

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