Dienstag, 31. März 2009

Der kleinste große Hafen der Welt!

Tagesprogramm: Conversacion y puerto.

Conversacion

Heute hatten wir zum ersten Mal "Conversacion". Das ist Spanisch und heißt "Konversation". Also miteinander reden. Der Lehrer ist ein bisschen ein Unsympath und heißt Juan. Juan ist wohl so um die 50 Jahre alt, ist aber seither in seinem Job nicht wirklich aufgegangen. Irgendwann kurz nachdem er Lehrer wurde, muss er gemerkt haben, dass er Leute im allgemeinen, Schüler im speziellen und Ausländer gleich mal garnicht leiden kann. Alles in allem keine allzu guten Voraussetzungen, um als Spanischlehrer in einer Spanischschule für Ausländer zu arbeiten. Der Mann versprühte und sprüht ein gewisse Ungeduld. Irgendwie scheint es ihm nicht erklärlich zu sein, dass Leute, die zusammengenommen über einen überschaubaren Wortschatz von ca. 10 Wörtern verfügen, nicht die Art fließend-intellektueller Konversation hervorbringen können, wie, sagen wir mal das spanische Äquivalent des Literarischen Quartetts.

Aber gut, vielleicht muss er sich erst noch an uns gewöhnen. Und vielleicht muss er nochmal in seinen Unterlagen nachhschauen, um herauszufinden, dass wir der Anfängerkurs sind. Wenn er morgen nochmal so rumarscht, erklär ich ihm mal, dass mein Papst mir Inquisition beigebracht hat, und was wir dann mit so Leuten wie ihm machen, wenn wir nicht zufrieden sind.

Das war also die Pflicht.

El puerto

Die Kür, der Hafen. Gäbe es einen Diminuitiv für Hafen, man müsste ihn anwenden. Ich glaube gelesen zu haben, dieser Hafen sei einer der größten in Spanien. Wenn dem so ist, möcht ich die kleinen nicht sehen. Könnte ich dann wohl auch nicht, weil die sich dann in ihrem eigenen kleinen, mikroskopischen Kosmos befinden müssen.

Der Hafen ist klein, unbelebt, an den meisten Stellen hässlich, und an den nicht hässlichen Stellen wird gebaut. Es gab ein Prunkschiff, um die Touris zu beeindrucken. Irgendein auf einen alten Containerfrachte aufgepfropften pseudoauthentischen Mittelalterkanonenbootsegler, der wahrscheinlich noch nie das andere Ende der Mole gesehen hat und nur dazu dient, arroganten und livrierten Oberkellnern eine Heimstadt zu bieten:
Ziemlich nebendran versucht sich "Se Alquila" in den Ruhestand zu rosten. Das ehemalige Flagschiff der 3. Berittenen Königlich Spanischen Bergwacht war zu seinen besten Zeiten ein Tretminenleger zur Sicherung des malaganesischen Strandes, wurde aber wegen schlechter Schwimmeigenschaften frühzeitig pensioniert. Bewaffnet mit einer 24mm Strandhaubitze und mehreren Tonnen grauer Farbe, um die immer wieder auftretenden Rostflecke zu übertünchen, hat auch sie nie das offene Meer gesehen. Die spanische Marine versucht sie momentan an die peruanische Straßenverkehrswacht zu verhökern. Die Verhandlungen stocken, da das Schiff selbst im Trockendock dazu neigt, zu sinken.
Das war auch schon der touristische Teil des Hafens. Im weniger belebten noch aktiven Teil war eigentlich nur ein Schiff von Interesse. Die "Virgen", ehemals "Rusty Nelly", ein Strandgutfrachter unter singalesischer Flagge, der gerade ausgeladen wurde. Wie der Name schon sagt, hat die "Virgen" mehrere Tonnen frisches Strandgut geladen, das nun an den Stadtstränden Malagas malerisch verteilt wird, um dort den Eindruck von zuviel Sauberkeit oder gar nordeuropäischer Ordnung nachhaltig zu zerstören.
Daneben gab es dann nur noch die üblichen neckischen Kleinigkeiten, die einen nachdenklich machen würden, wann man das wollte.

Einige Beispiele:
Kriegsbemalung einer Tür auf der "Atlanti-SS" (das war genauso geschrieben). Hony soit qui mal y pense. Nicht dass sich ein halbwegs geradeausdenkender Mensch auf diese marode Schalupe getraut hätte. Dennoch scheint Abschreckung Not zu tun.
Die "Volcan De Tinache" scheint des öfteren an Land zu liegen, um dort die Propeller probelaufen zu lassen. Anders ist der Spruch nicht zu erklären.
Schöner Sterben in Spanien. Warum auch nicht? Und danach wird die Straße geputzt. Ergibt Sinn!

Hasta luego.

El Jörch

Montag, 30. März 2009

Malaga - First Blood

Malaga selbst habe ich jetzt noch nicht so viel gesehen. Es gab viel zu tun. Unterkunft suchen, sich versuchen zu orientieren. Vom fast nicht vorhandenen Französisch aufs noch weniger vorhandene Spanisch umschalten. Gucken was Masse ist, wie man so schön sagt.

Aber nun. Heute war mein erster Schultag. Und Holla die Waldfee! Nichts mit "Yo me llamo..." und so. Gleich mitten rein in die Grammatik. Und reden! Jetzt führe mal eine Konversation ohne Grammatik und Wortschatz! Gestaltet sich in der Regel schwierig. Doch man lernt. Ist ja wohl auch Sinn der Übung.

Mein Wohnzimmer habe ich ja schon vorgestellt.

Mein Schlafzimmer hingegen sieht so aus:
Fein, klar, andere Lebewesen haben weniger Platz, aber das sind dann entweder Hühner oder Zuchtzobel. Für einen zwar schmalen aber dennoch ausgewachsenen Mitteleuropäer ist es schon eher... nun... sachlich kühl. Auf's Wesentliche reduziert. Oder auch: leicht sauber zu halten. Übersichtlich. Man findet sich zurecht.

Es is' scheißen-klein! Aber das hat wohl Methode. Immerhin muss man ja als Spanischlernender raus in die Stadt, unter die Leute, sich mit ihnen unterhalten. "Socialising" machen. Da darf man nicht in der guten Stube hocken und sich die Flusen zwischen den Zehen rauspulen.

Was den Rest der Wohnung betrifft: Da ist höfliches Schweigen angebracht. Zwar habe ich damit geprahlt, über ausreichend Erfahrung im Bereich der Hygiene-Ignoranz noch aus Wohnheimszeiten zu verfügen, doch vielleicht bin ich einfach mit den Jahren anspruchsvoller geworden. Feist und verwöhnt. Ich mag es nicht, wenn der Duschvorhang nach mir schnappt. Ich mag es nicht, mir zu überlegen, ob die Schimmelflecken an der Decke, wenn man sie mit einer Linie verbinden würde, ein Bild ergäben. Ich mag keine Haare. Ich mag keine Toilettenbrillen, die mit Panzerband an Ort und Stelle gehalten werden. Ich mag es auch nicht, wenn ich die Körperfunktionen meines Zimmernachbarn in 5.1-Qualität in meinem Zimmer höre.

Doch was ich mag oder nicht mag, steht einfach nicht mehr zur Disposition. Ich muss damit umgehen und, es gibt Schlimmeres. Pest, Cholera, Krieg, globale Erwärmung zum Beispiel.

Die Stimmung ansonsten ist eigenartig. Ich bin nicht nur Tourist. Ich bin auch eine Weile hier. Wohne quasi hier. Ich muss - und war schon - in den Supermarkt. Ich muss wissen, wo ich den Müll hinwerfe und wann und in welche Box. Ich muss, nun, eine Weile hier leben. Ich muss also genau die Art Dinge wissen, wegen derer man normalerweise in Urlaub fährt, um sich damit nicht auseinandersetzen zu müssen. Aber irgendwie hat das dann doch auch was. Ich weiß noch nicht was, aber ich werde das in den nächsten 12 Wochen herausfinden. Vielleicht geht mir dieses ganze Ding dann auch fürchterlich auf den Senkel und ich werde Spanien am Ende der Reise abfackeln. Kann ja alles sein. Schwer wär's nicht. Ne Kippe irgendwo ins Gehölz geworfen, und zumindest die Südküste goes woooosh.

Bis dahin strolche ich also durch die Stadt. Die gibt dann doch mehr her als z.B. Ludwigshafen. Das Bild des Tages soll aber für heute das einer Taube sein, die einer anderen in den Schnabel kotzt.
Der übliche andere Touristenbilderkrawall kommt dann, wenn das Wetter besser ist. Ich weiß nämlich, dass Neid und Missgunst ein großes Problem unserer Zeit sind. Und damit ich euch Zurückgebliebenen nicht mit allzuviel Gerede darüber, wie ach-so-toll das Wetter hier ist den Tag verderbe, hab ich ein wenig Regen und Bewölkung angeordnet. Immerhin kann ich das, denn ich bin Regengott.

Bis dahin dann.

Brücken(un)heilige

Das ist ein Nachtrag zur Abreise aus Valencia. Ich hatte mich ja, wie nicht anders zu erwarten war, völlig verhaspelt, beim Versuch, aus Valencia rauszufahren. Aber auch hier begriff ich die Krise als Chance und habe viele tolle Dinge gesehen.

Hier ist einer von 2 Brückenviechern, die eine Brücke zu einem unbekannteren Teil Valencias bewachen. Und wenn man sich den Freund mal anschaut, ist "bewachen" hier ziemlich wörtlich zu verstehen.

Geiles Teil!

Wochenschau in bunt. Und Farbe!

Sonntag, 29. März 2009

Mal a gaga....

Dieser Post ist eigentlich eine Mail an Sandra, in der ich ihr in aller gebotenen Kürze den Tag erzählte. Groß-/Kleinschreibung sind für die Füße, die Orthologie auch. Aber man erkennt meinen Geisteszustand. Mehr erwarte ich nicht.

Lest selbst:

so, um 16.47 bin ich in die stadt gefahren. was lustig war, weil die auf der autobahn irgendwann aufgehört haben "malaga" zu beschildern. es gibt keine abfahrt "malaga norte" oder "centro" oder irgendwas. es gibt nur abfahrten zu den hauptstraßen, die, wenn du sie nicht kennst, übersiehst. nachdem ich dann irgendwann nur noch "sevilla" gesehen hab, dacht ich mir, umdrehen wär ein tipp. war auch einer.

nun gut. die taktik des immer geradeausfahrens hat auch heut funktioniert. bin zielsicher im zentrum eingeschlagen. hab mir meinen weg zur bar erfragt (ich frag mich, warum ich überhaupt noch spanisch lernen will? ich komm eigentlich ganz gut mit meinem radebrech durch!), hab die schlüssel auf spanisch bestellt, der typ hat sie mir mit "herzlich willkommen in spanien, jörch" übergeben (er ist kasache und kann eine million sprachen perfekt!).

zimmer gefunden (seeeeeeehr übersichtlich), eingeladen, auto auf dem höchsten gipfel der stadt geparkt (nur dort darf man das ohne dafür als deutscher erschossen zu werden). mit dem frahrrad runtergefahren, direkt die wohnung wiedergefunden, fahrrad eingestellt. in die bar gelaufen. wifi gefunden. mail geschreibt. achja, und ein bier mit eis bestellt. naja, bestellt hab ich ein bier. bekommen hab ich eins mit eis. egal, man wird langmütig!

essen gibts erst wieder um 21.00. ich schätze aber, bis dahin bin ich blau. schön isses. sonne scheint, obwohls die ganze zeit auf dem weg hierher geregnet hat.

die fahrt war die hölle, weil die autobahn unvermittelt nach almeria aufgehört hat, und die letzten 130 kilometer über landstraße gingen. dazu werde ich mich allerdings später noch verbreiten.

so.

ich werd den rechner jetzt ausmachen, weil die leute mich schon anschauen. "moderno, moderno!" hat ne tussi am nebentisch gerade eben geätzt. ich hätt sie ja mit dem laptop erschlagen, aber ihr freund sah groß und böse aus. glück gehab hatt'se, die ische. vielleicht kauf ich mir morgen nen kleinen laptop beim saturn um ischen damit zu erschlagen. on verra. oder wie man hier sagt: vamos a ver.

hasta luego.
el jörch

Samstag, 28. März 2009

Video Valenciano

Valenci-Ja

Sie hat's mir ja nicht leicht gemacht, die Stadt. Gestern scheucht sich mich um sich herum, verhüllt ihr Innerstes, schickt mich in die vorgelagerte Wallachei und heute morgen gabs kein warmes Wasser.

Mann oder Maus war die Frage. El Zauselito, der betagte aber freundliche Hotelbesitzervater, war verschwunden. Sein Sohn war nicht da. Es gibt keine anderen Gäste. Um es abzukürzen: Ich habe kalt geduscht. Nicht lange. Und nicht ausgiebig. Aber ich habe es gemacht. Ich bin ein Naturtyp. Ganz ein Harter! Rüdiger Nehberg, du Flasche, bereite deinen Abgang aus dem Survival-Business vor, die neue Zeit gehört El Jörch, der coolsten Sau der Vorderpfalz! Das Wasser war so kalt, dass ich nach einer kurzen Sichtprüfung überzeugt war, ich sei eine Frau. Ging aber wieder vorbei.

Dann also los, hieß es, ab in die Stadt. Kurze Überlegungen, mir noch ein paar Extrabeulen in mein Auto zu treten, um abschreckender zu wirken, führten zu keinem Ergebnis und ich ließ es. Wenn es noch Beulen bekommen soll, wird es so sein. Da soll sich der Mensch nicht einmischen. Nach kaum einer halben Stunde für die 3 Kilometer habe ich auch das Centro Historiquo nebst ebenso historischer Parkgarage gefunden. Die Altstadt ist klein, hat viele verwinkelte Gassen und es ist in vielen davon beängstigend dunkel. Das Gleiche gilt eins zu eins für das Parkhaus.

Valencias Innenstadt ist riesig! Schon nach wenigen Schritten hatte ich mich behaglich verlaufen. Darüber hinaus empfinde ich Stadtpläne und Reiseführer als Beleidigung meines Intellekts. Deswegen habe ich sowas nie dabei. Wenn man nur lange genug läuft, kommt man auch überall hin.

Hier ein wenig Ausbeute:
Dies ist nicht etwa der vom schlechtem Geschmack eines barocksüchtigen Zuhälters ersonnene Eingang des valencianischen öffentlichen Puffs, sondern der vom schlechtem Geschmack eines barocksüchtigen Zuhälters ersonnene Eingang des Nationalmuseums. Die ganze überbordende ästhetische Grausamkeit dieses Monstrums kann nur verstehen, der es gesehen hat. Und sich nicht sofort versuchte die Augen aus dem Kopf zu löffeln und deswegen nun in einer warmen Zelle mit ganz weichen Wänden irgendwo auf einer spanischen Insel hockt. Das gesamte Gebäude ist die perfekte Verneinung all dessen, was schön, schlicht und anmutig ist. Daneben wirkt das versailler Schloss wie ein Entwurf von Mies van der Rrohe. Bis ins Detail unerträglich.
Das tut doch weh in den Augen! Sogar die Figur scheint sich selbst derart eklich zu finden, dass sie - hätte sie Arme - sich selbst erwürgen würde. Stattdessen scheint sie einfach nur ihren Schmerz in eine sie ignorierende Welt hinauszubrüllen.
Lustige Graffitis gabs auch. Ich hab nicht vollumfänglich verstanden, was genau der Künstler hier mitzuteilen versucht, doch hat das Werk eine zutiefst systemkritische Anmutung.
Hierzu passt dann auch diese Aufforderung: "Mach 'deiner' Krise ein Ende. Kauf Lose der Nationalen Lotterie." Herrlich inkosequent. Ein Los kostet immerhin 6 Euro. Dafür muss sie
ganz schöne viele Wattebällchen zerzupfen, gelb anmalen, an Mistelzweige kleben und verkaufen.

Impressionen vom Mercat Central. Ein typisch spanischer Frischfisch-und-alles-was-man-essen-kann-Markt. So etwas gibt's in der Form nur in Spanien. Die Atmosphäre in dem Laden ist beeindruckend geschäftig, die Leute wirbeln, die Verkäufer wurbeln und ich habe es fertiggebracht, mich10 Minuten nicht zu übergeben weil
nicht alles, was man essen KANN, auch gegessen werden MUSS. Ich glaube, wenn das das letzte Stück Protein zwischen mir und dem Hungertode wäre, ich würde fröhlich dahinscheiden, mit einem letzten Seufzer der Erleichterung mein Leben geben. Aber SOWAS geht nicht in mich rein! Das heißt, es geht nicht in mich rein, wenn ich es weiß. Was ich natürlich nicht weiß, in welcher Wurst oder Bulette ich Ähnliches schon gegessen habe. Und, um ehrlich zu sein, ich will das auch nicht wissen.
Noch mehrere Stunden nach dem Fang haben viele der im Markt feilgebotenen Waren heftige und nur schwer zu kontrollierende Fluchttendenzen. Wenn die Verkäufer nicht aufpassen wie die Schießhunde, ist nach 30 Minuten ihre gesamte Ware geflüchtet!
Sympathisch ist auch das Wappentier Valencias, die Fledermaus. Ich finde, das zeugt von Understatement. Kein schwülstiger Adler, kein Greif, kein Löwe, Stier oder sonst ein mit allerlei Machismo behaftetes Wesen. Nein, die Fledermaus hat es sollen sein. Das Wappen befindet sich übrigens auf allem und jedem in Valencia. Dieses hier ist auf der Alcaldia, der Bürgermeisterei. Valencia hat zur Zeit eine Bürgermeisterin, was ein Stück weit die üble Verkehrssituation erklärt.
Trotz frostiger 19 Grad ließ es sich draußen prima sitzen. Man sitzt, trinkt ein Bier und wundert sich über die verwegene, aber wohl landestypische Hutmode, die nur noch von den älteren Valencianern mit stolz getragen wird.

Freitag, 27. März 2009

Shangri-La

Sie läuft nicht, sie "schläppelt". "Schläppeln" ist Pfälzisch für eine Art des Laufens, die man nur als "kontrolliertes Vornüberfallen" beschreiben kann. Kennzeichnend hierfür ist, dass kein Fuß den Boden verlässt. Mit anderen Worten, sie schlurft. Und sie macht die entsprechenden Geräusche: schlllrpf... schlllrpf...

"Sie" ist im übrigen geschätzte 105 Jahre alt und Bedienung, oder besser, Besitzerin des "El Mosset" in einem Ort, dessen Namen ich bisher noch nicht herausgefunden habe. Das "El Mosset" ist das, was man in Deutschland eine Kneipe nennt. Hier gibt es nichts. Keine Atmosphäre, keine Lounge, kein Entertainment. Hier gibt's nur zu Trinken. Und das günstig. Ein Bier, Amstel, 0,3, kostet 1.30 Euro. Wenn das mal kein Schnäpp(s)chen ist.

Ich sitze im "El Mosset" und trinke gerade mein zweites Amstel. Ich lese eine spanische Zeitung, die - glaub ich - "Las Provincias" heißt. Aus ihr erfahre ich, dass gestern die LKW-Fahrer den Zugang zu Valencia dicht gemacht hatten, um gegen die Krise zu demonstrieren. Zum Glück war ich gestern noch nicht da. Neben mir steht Jean Reno. Naja, er sieht aus wie Jean Reno, scheint aber nicht über dessen freundliches Naturell zu verfügen. Er fragt die Schläppelnde, wer ich sei, sie antwortet, sie wüsste das auch nicht. Jean Reno gibt Ruhe.

Ein erfolgloser Anwalt betritt das "El Mosset", ordert einen Kaffee und Kleingeld. Den Kaffee schüttet er in sich, das Kleingeld in einen Automaten, auf dem geschrieben steht, dass das Spielen an ihm zur Sucht werden kann. Das ist ihm, dem Anwalt, entweder wurscht, oder er ist deswegen so erfolglos, weil er nicht lesen kann. Ich werde es nicht herausfinden, weil ich das "El Mosset" verlasse. Ich nuschle ein "Adios" und ernte zwei (zwei??) "Hasta luego!". Ich fühle mich akzeptiert. Trotz oder wegen meiner blonden Haare.

Nun, was war das jetzt? Das war etwas, was passiert, wenn man die Größe von Städten unterschätzt und denkt, es würde alles schon nicht so wild werden. Und Valencia ist groß. Und ich habe es unterschätzt.

Doch der Reihe nach.

Von Montpellier aus gings los Richtung Spanien. Ich habe die ganze Zeit davon geredet, mich aber bisher nur in Frankreich rumgetrieben. Dem musste Einhalt geboten werden.

Nach einem erfrischend einheimischen Kaffee in Beziers hab ich mich auf die A9 eingeklinkt und bin bis Abfahrt Valencia durchgefahren.

Wie gesagt, Valencia ist recht raumgreifend. Mehr noch. Als ich neulich meinte, der Verkehr in Montpellier sei arg, wusste ich noch nicht, was in Spanien üblich ist. Die Fahrt durch Valencia war herzerfrischend, um es mal so zu nennen. Hier herrscht Abwesenheit. Und zwar die Abwesenheit von Verkehrsregeln im allgemeinen und Fahrspurkennzeichnung im besonderen. Hier gibt es Kreisverkehre mit den Ausmaßen von Fußballplätzen, aber keine Linien auf den Straßen, die einem verdeutlichen könnten, wohin zur Hölle man jetzt genau fährt. Bis zu 10 Autos stechen gleichzeitig und ungelenkt in den Kreisel. Einige wollen ihn verlassen, einige wollen weiterfahren. Wer was wann will ist schlichterdings nicht herauszufinden. Blinken, im übrigen, gilt in Spanien als Zeichen schlechten Stils und wird tunlichst vermieden. Gut. Da aber niemand weiß, wohin ihn die Reifen tragen, fährt jeder dahin, wohin er meint, dass dies seinem gewünschten Ziel am nächsten kommt. Schlecht nur, wenn man sich zwischendrin umentscheidet. Blinken ist, wie bereits erwähnt, Zeitverschwendung, Hupen ist In! Kurz gesagt, hier gewinnt der, der als erste den Ausgang des Kreisel erreicht. Oder auch der, der als erster beschließt, den Kreisel zu verlassen. Oder der, der am schnellsten den anderen schneidet. Oder am lautesten hupt. Oder ein Bus ist.

Touristen bleiben regelmäßig auf der Strecke. Wortwörtlich.

Nicht so ich. Ich habe das System durchschaut, ersetzte Blinken durch Hupen und Vorausschauendes Fahren durch Gasgeben. Außerdem fühlte ich mich als Bus. Ich bin ein deutscher Bus mit Hoheitsrechten. Die Blinklichter auf dem Dach hat man mir gestohlen, sie gelten aber trotzdem. Doch trotzallem war es mir nicht vergönnt, ins Centro Ciudad vorzudringen. Die Valensinen scheinen sehr schüchtern zu sein, was ihr Stadtzentrum betrifft. Nur so ist es zu erklären, dass sie einen nicht dahin leiten wollen. Zwar gibt es ganz am Rande der Stadt Schilder, die einem die ungefähre Richtung dahin vorgeben, aber die Beschilderung endet ebenso unvermittelt wie überraschend. Ich habe meine Taktik des sturen Geradeausfahrens weiter verfolgt und kam auch irgendwann in einer Gegend an, die sich durch massive Prunkgebäude und wohlbepflanzte Brücken kennzeichnete. Alles sehr nobel, alles darauf angelegt Touristen, die das Glück hatten dieses zu finden, zu beeindrucken. Ich war dem Centro wohl recht nahe.

Leider endete meine gewagte Tour dort. Wusst ich wohl, dass des Tages Licht zur Neige ging und ich noch über keine adäquate Residenz verfügte. Ich brauchte ein Hotel. Nur, so frug ich, wo eins finden?

Ein kleiner Exkurs hierzu: In Frankreich haben sie ein cleveres System. Das touristisch interessante Stadtzentrum heißt "Centre" oder "Centre Historique". Die Stadt sonst heißt einfach so, wie die Stadt heißt. Hotels findet man in den Gewerbegebieten, die den Stadtkern erwürgen. Man fährt also aus der Stadt heraus, sucht sich ein Gewerbegebiet, fährt eine Weile geradeaus und bucht dann nach längstens 10 Minuten ein Zimmer in einem Hotel mit Haaren im Waschbecken. Das funktioniert, das hat Klasse, das ist allgemeinverständlich. Die Spanier mögen die Franzosen nicht. Und deswegen verweigern sie sich auch deren positiven Errungenschaften, wozu auch die Hotelanordnung im stadtplanerischen Gesamtbild gehört. Ende des Exkurses.

In Valencia gibt es keine Hotels. Die Aussage ist natürlich dann richtig, wenn man eben jene Etablissements ignoriert, an deren Eingängen frühzeitig in den Ruhestand entlassene Admiräle oder Generäle der Reserve Dienst tun. Ich habe ja nur wenige Prinzipien im Leben, weil ich Prinzipien als spießig verachte, aber eines ist, nie, unter keinen Umständen, in einem Hotel einzuchecken, in welchem man mich schon vor dem Check-In mit meinem Namen begrüßt und mir einen schönene Aufenthalt wünscht. Sowas ist schlecht für den Charakter und noch schlechter für das dispophile Konto.

Somit fielen also alle Hotels im Kernbereich Valencias aus.

Allerdings gab es auch -siehe Exkurs- keine Gewerbegebiete.

Mein Krisenreaktionsprogramm trat in Kraft. Es besagt, fahre geradeaus, bis dir was einfällt oder sich was ergibt.

Und es ergab sich was. Valencia hatte ich schon lange in unbestimmter Richtung verlassen. Am linken Wegesrand dräute eine Tankstelle. Diesel 0.87 Euro. Ob des Preises konnte ich nicht widerstehen. Wusst ich doch nicht, wie lange ich noch hier im Niemandsland umeinanderfahren musste, und ob ich nicht gar gezwungen sein würde, meine Nacht im Auto mit laufendem Motor zu verbringen, darauf hoffend, dass mir niemand KO-Gas in die Lüftungsschlitze kippt, um mich dann, meine Ohnmacht ausnutzend, meiner Habseligkeiten zu berauben.

Es gab eine Tankwärterin. Trotz heftigen auf-sie-ein-gestikulierens ließ sie sich nicht davon abbringen, mir den Tank zu füllen. Ich nutzte die unverhoffte Möglichkeit persönlicher Interaktion und radebrach auf sie ein, ob sie nicht ein Hotel kenne. Natürlich, meinte Sie, Valencia sei doch voll davon und das wäre garnicht so weit weg.

WITZIG!!!

Ich versuchte ihr zu erklären, dass ich aus Valencia käme, auch viele Hotels gesehen hätte, ich aber eins suchte, das "un pocco mas barrato" sei. Ich hoffte, das würde "billiger" heißen. Was es wohl auch tat, oder jedenfalls erkannte sie den nebulösen Sinn meiner Worte. Sie erklärte mir den Weg zu einem nahegelegenen Hotel. Ich konnte sowohl ihr als auch der Wegbeschreibung folgten.

Das Hotel ist klein. Sehr klein. Ich hätte es beinahe übersehen. Ich klingelte. Die Klingel sagte irgendwann zu mir "Buenasdiasfrancocomoestasdondeestaelaeropuertograciasdenadarrrrrrrt!". Ich gab mich als "Aleman" zu erkennen und der Mensch hinter der Stimme erschien und öffnete mir die bis dato verschlossene Tür. Es war ein -ich bin jetzt mal charmant- älterer Herr. Um ehrlich zu sein war es ein dermaßen älterer Herr, dass er "Deutsche" nur mit der Legion Condor in Verbindung bringen konnte. Doch er war freundlich, wir regelten das Geschäftliche, er zeigte mir das Zimmer (klein aber sauber), ich zahlte und war froh.

Aufgrund all dieser Umstände dachte ich mir, dass sich die Frage nach Wi-Fi hier wohl sofort erübrigt. Deswegen frug ich nicht. Stattdessen frug ich, ob es im Ort ein Internetcafé gäbe. Beim Wort "Internet" bildeten sich Sorgenfalten auf des Greises Haupt und ich zog die Frage sofort zurück. Stattdessen ging ich in den Ort zum Zigaretten kaufen. Im freundlichen Rauchwarengeschäft (die heißen hier Tabacos), frug ich wiederum nach einem Internetcafé. Gibt es keins, war die Antwort. Ich verließ dankend das Geschäft, bog um die nächste Ecke, ging in ein von freundlichen Indern geführtes Internetcafé, checkte meine E-Mails, skypte ein wenig mit Sandra und war zum einen hoch erfreut über den Grad der Technisierung selbst entlegener Winkel, zum anderen aber erstaunt, wie sehr selbst Einheimische ihrer eigene Stadt nicht kennen.

So ging ich dann also wieder ins Hotel. Nicht direkt. Ich erinnere an die 2 Bier im El Mosset.

Im Hotel angekommen wollte ich also nun, quasi "auf Halde", das heute Erlebte ins Word hämmern, um es dann morgen, wenn mich die Zivilisation wieder hätte, ins Netz zu stellen. Ich machte den Rechner an und jener jubiliert mir sofort entgegen "Unsecure wireless network connection detected". "Eiferbübsch" hätte der Sachse gesagt. Ich überprüfte die Verbindung mit dem Namen "Hotel Estela", die eine überragende Ähnlichkeit mit dem Namen des Hotels hatte, in dem ich mich befand. Das konnte mithin kein Zufall sein. War es auch nicht. Das Hotel verfügt zweifelsohne über Wi-Fi.

Das Glück war mit mir und ich fand den Patriarchen des Hauses rauchend an der Rezeption. Die darauf folgende, sich über mehrere Sprachen und Gebärdengymnastiken erstreckende Unterhaltung möchte und kann ich hier nicht wiedergeben. Nur so viel: Natürlich hat das Hotel Wi-Fi, warum ich nicht gefragt hätte. Allein, Benutzername und Passwort wüsste nur der Sohn. (Aha! Metusalix ist also nur der Nachtportier! Tagsüber ist Sohnemann der Chef. Gut zu wissen!) Doch ich schaute flehentlich und Papa Patriarch rief den Sohn an. Keine 20 Minuten später haben wir nicht nur herausgefunden, dass die - im übrigen falsche- Internetadresse NICHT das Passwort ist, sondern auch die richtigen Zugangsdaten. Und dann lief alles seidenweich.

Die Verbindung ist schnell und stabil.

Die Matrix hat uns. Hier und überall.

Ich konnte sogar herausfinden, wo zur Hölle ich gerade bin. Seht selbst:
http://www.hotelestelavalencia.com/

Buenas noches!

El Jörch

Donnerstag, 26. März 2009

Montpellier. Das Mannheim des Südens.

Where to start, fragt der Engländer.

Nachdem ich also heute Morgen extremst kontinental im Angesicht der höchsten Schrägseilbrücke mein Frühstück eingenommen hatte, zog es mich mit Macht in den Süden. Da die Überfahrt über die höchste Schrägseilbrücke massiv Kohle gezogen hätte, entschied ich mich aber, den Weg über Land zu nehmen und dabei noch ein wenig Kultur aufzunehmen. Ich habe dabei die schlechte Angewohnheit, dass wenn am Wegesrand ein Schild rumlungert, welches mich in der Absicht, andere am Wegesrand liegende Gewerbetreibende mit Frischkunden zu versorgen, zu folgen auffordert, tat ich auch diesesmal genau jenes. Es hieß, wenn Du hier links abbiegst, kommst Du zu Orten, die die Templer gegründet haben. Templer, man erinnert sich, gehören zu jener Brut, die zunächst Jerusalem vor den Muselmanen rettete, sich dann aber homophil gab und somit die Wut des amtierenden Papstes zuzog. Auf jeden Fall hatten und haben die Buben einen Ruf, der Aufmerksamkeit erfordert. So bog ich also ab und folgte dem Schild.

Was soll ich sagen? Einige verpasste Abzweigungen später fand ich mich in einem Tal wieder, das an vorfrühlingshafter Schönheit und Abgeschiedenheit nur schwer zu übertreffen sein wird. Ich habe mich so dermaßen verfranst, dass ich schon dachte, der nächste Passant, den ich nach dem Wege anhauen würde, würde mir auf Sächsisch antworten. Ich fuhr also auf einer Straße mit der Bezeichnung D777 entlang. Wobei "D" für "Departementale" steht und auf Französisch "Feldweg" bedeutet. "777" gibt die erste urkundliche Erwähnung an. Die Straße war also sehr alt und somit auch sehr schmal. Porsche Cayennes waren zu Zeiten der Völkerwanderung eben noch nicht da und hätten auf den damals vorhandenen Wegen eh keine Chance gehabt.

Doch wie so oft liegt die Schönheit im Auge des zufällig zum betrachten Angehaltenen und es war viel Schönes zu sehen.
Leider habe ich den Namen des Ortes vergessen, aber die Art, wie er sich von jeglichem Tourismus unbeleckt an den Basalt des Berges schmiegte, fand meine uneingeschränkte Zustimmung.

Alles war schön, doch leider hatte ich mittlerweile nicht den Hauch einer Ahnung, wo ich mich befand. Klar, ich hätte jemanden nach dem Weg fragen können. Aber zum einen schämte ich mich, mitten im Nichts nach dem Weg nach Montpellier zu fragen, zum anderen hatte ich die nicht unbegründete Befürchtung, dass man mich a) sofort als Deutschen erkennen würde und dann b) sofort beginnen würde, mich mit altem Obst zu bewerfen oder, was sogar wahrscheinlicher ist wenn man die Menge an WK I + WK II Denkmalen betrachtet, die Befragten die Gute Flinte aus dem Schrank geholt, und mich damit unter Feuer genommen hätten. Doch auch hier zeigt sich, dass Vorsicht der bessere Teil der Tapferkeit ist, und stetes "einfach drauflosfahren" führte mich mit tödlicher Präzision zum Ausgangspunkt meiner fast ungeplanten Exkursion zurück. Diesem Zufall - oder auch: dieser meiner persönlichen Dummheit - verdanken wir dann diese Aufnahmen der größten Schrägseilbrücke der Welt, diesmal aus etwas größerer Nähe.
Wie die etwas belichteteren meiner Leser wohl merken, versuche ich dem Faktum, dass ich dumm im Kreis gefahren bin, etwas Positives abzugewinnen. Aber ich erachte mich dennoch als durchschaut und fahre somit weiter. Metaphorisch als auch tatsächlich.

Süden also. Im Süden blühen die Mandelbäume und sonstiges Zeug, während an dem Ort der letzten Aufnahmen noch eisige 8 Grad herrschten. Ich stürzte mich also auf die - nun wieder kostenlose - Autobahn nach Montpellier.

Nun, ich fuhr durch die restlichen aber weiten Öden der Midi Pyreneen, da kam ein Tunnel und nach dem Tunnel war Frühling. Kein Witz: Eben noch blattlose aber alte Eichen und Garrigue, und auf einmal Zypressen, Olivenbäume und blühend Zeug, soweit das alte Auge reichte. In Montpellier hab ich mir ein wiederrum sehr zweifelhaftes, aber über Wi-Fi verfügendes Hotel geschossen. Behaglich an einer der meist befahrenen Autobahnen Südfrankreichs gelegen bot es alles, was des Reisend Herz begehrt. Ein Bett, ein Waschbecken mit malerisch drappiertem Haar und eine Toilette. Ich gehe jetzt nicht weiter in die Details.

Nach einer sehr kurzen Dusche (ich sag nur: Haare) begab ich mich dann also nach Montpellier - Centre Historique.

Um eins Vorweg zu nehmen: Montpellier ist, verkehrstechnisch betrachtet, der Super-Gau. Meines Erachtens nach gibt es nur eine logische Erklärung für Montpelliers Verkehrsführung. Und zwar muss im frühen 19. Jahrhundert ein cleverer Geschäftsmann dem Magistrat der Stadt folgenden rockefeller'esquen Vorschlag gemacht haben: "Jungs, ich schenke euch, auf meine Kappe, die gesamte Infrastruktur eurer Siedlung. Mit allen Straßen, Plätzen und sonstigem Gedöns, was ihr so braucht, um bei den Spaniern, den Italienern, den Deutschen und den Parisern Eindruck zu schinden. Ihr müsst mir nix bezahlen. Nur müsst ihr mir dann später, zu den von mir noch zu bestimmenden Konditionen, Ampeln abkaufen!" - "Deal!" sagte der montpellegrinische Magistrat. Und das haben wir jetzt davon. Man kann in Montpellier keine 5 Meter fahren, ohne an einer Ampel mal mindesten 10 Minuten dumm rumzustehen. Die Ampeldichte ist legendär und ihre Schaltintervalle entziehen sich dem gemeinen Verstand und können höchstens von Grenznukularphysikern verstanden werden. Die Schaltung scheint nämlich auf mehreren Ebenen volatil zu sein. Zum einen scheint die Tageszeit ein bestimmender Faktor zu sein, zum anderen scheint das Objekt, das den Weg quert, Einfluss auf Schaltdauer und Frequenz zu haben. So ist es also möglich, dass eine Ampel nicht rot wird, wenn an einem Donnerstag von rechts ein Bus kommt, sie aber dennoch grün bleibt, wenn an einem Dienstag von links das Dritte Panzerbattallion der Fremdenlegion quert. Kurz und gut: Autofahren in dieser Stadt ist ein wenig wie Krieg. Nur leider einer ohne konventionelle Waffen.

Ich bin aber dennoch recht stolz darauf, dass ich mich, die Unversehrtheit meines Autos aufs südländischste verachtend, durch dieses infrastrukturelle Ragnarök manövriert habe. Und, ja, auch die Masse an mir nicht verständlichen Beleidigungen, die ich mir einfuhr, werte ich als quasi Pour-Le-Merite für überragenden Mut im Angesicht des Feindes.

Dessenungeachtet ist Montpellier als Stadt schon sehr schön. Groß, ja, aber auch alt. Verwinkelt. Widersprüchlich. Modern und historisch. Versnobt, gediegen, idyllisch und mondän. Ich kann jedem nur empfehlen, hier mal entweder einen Zwischenstop einzulegen, oder aber auch die Stadt für eine Woche zum Ferienziel auszuwählen. Die nicht ganz 4 Stunden, die ich hier verbracht habe, waren bei weitem nicht aussreichend, um auch nur an der Oberfläche zu kratzen. Hierfür einige Bildbeweise:
Bilder werden der Pracht der Stadt aber nicht gerecht!

Ja, und auch "L'Invader" hat sich verewigt. Jener ist ein französicher (Aktions-)Künstler, der es sich wohl zur Lebensaufgabe gemacht hat, in jeder Stadt ein Mosaik eines oder mehrer Space-Invader zu applizieren. Sandra und ich hinwiederum sind ihm auf den Fersen. Is auch'n Job.

So sieht das dann aus:
Und:
Und zum Abschluss des Tages gabs dann noch ein wenig Labsal für die gepeinigte Seele. So sagte doch meine Bedienung zu mir (nachdem sie mir irgendwas vorgesetzt hatte, das ich nur als schlecht-mikrowellen-erhitztes Labskaus dechiffrieren konnte), dass mein Französisch "für einen Deutschen" gar nicht so schlecht sei. Sie hat natürlich gelogen. Aber das sehr charmant. Achja, und als Digestif gab es "Get 27", das ist ein lokal präferierter Minzlikör, der nach in Odol gelöster Zahnpasta schmeckt und dringend nach einem weiteren Bier verlangt.

Und jetzt macht Le Jörch "le bubu"!

Bonne Nuit!

Stilvoll!

Sollst Du den Tag beginnen. Deswegen gibts auch lecker Bacon & Egg McMuffin im McDonalds in Millau. Mit "Vue Panoramique" auf eine Autobahnbrücke.
Franzosen! Und ja, es ist die Autobahnbrücke aus dem Fernsehen. N24-Gucker werden den ein oder anderen Bericht darüber gesehen haben. Ist sich sehr hoch und sehr neu und die Franzosen sind allenthalben sehr stolz darauf, vor allem auch, weil sie nun schon seit einiger Zeit steht und nicht umfällt.

Leider ist die Kaffeemaschine ausgefallen. Ich werde also auch die restlichen 110 Kilometer bis Montpellier im Halbschlaf verbringen. Naja, warum auch nicht? Es hat auf den ersten 200 Kilometern geklappt, es wird auch weiter klappen.

Warum im Halbschlaf? Weil mein Ghetto-Hotelzimmer Geräusche gemacht hat. Und jedesmal bin ich aufgewacht, um mich zu überzeugen, dass kein grimmer Zentralfranzose mir Arges wollte. Wollte aber keiner was von mir. Dennoch kam ich zu wenig Schlaf.

Achja, das Wetter wird besser.

Mittwoch, 25. März 2009

Ziel der Weg das ist!

Alte Jedi-Weisheit.

Ich bin nun also unterwegs. Allein in Frankreich.

Hinter Beaune bin ich runter von der Autobahn. Das spart Geld und eröffnet ganz neue Aussichten. Das Land ist eigentlich ganz schön. Und hätte es nicht die ganze Zeit geregnet, hätt' ich auch was davon gehabt. Dennoch sieht's hier sogar mit Regen schöner aus, als Daheim im Sonnenschein.

Die Fahrt bisher war aber dennoch unspektakulär bis langweilig. Die Städte, die Ortschaften sind nett, aber von einer gewissen Verfallenheit. Man mag mutmaßen, dass eine gewisse Prise Bombardierung allenthalben zu städteplanerischer Stringenz verhilft. Mit anderen Worten, wenn wir in Deutschland so Straßen hätten wir hier, würden wir alle SUVs fahren und hätten zur Abwechslung einen guten Grund dafür.

Erster großer Halt war nun Clermont-Ferrand. Hauptsadt der Region Auvergne und auch deren Verwaltungssitz. Als ich das in Wikipedia nachgelesen habe klang das, nun, weniger "groß". Tatsächlich aber ist die Stadt recht imposant. Wunderschöne Wohnsilos erwürgen den malerischen aber voll konsumorientierten Ortskern, dessen Kern hinwiederum von einem wolkenkratzergroßen Standbild von Vercingetorix dominiert wird. Asterix-Leser werden wissen, um wen es sich dabei handelt. Das Standbild ist von ähnlich karger Schlichtheit wie ein arabischer Ölscheichpalast und erinnert die Franzosen daran, dass man Italienern einfach nicht trauen kann. In der Tat scheint es sogar so, als sei die Stadt um das Monument herum gebaut worden, als ewige Mahung erlittenen Unrechts.

Kurzer Exkurs, in welchem ich folgendes anmerken muss: Zücke niemals, ich wiederhole: NIEMALS, in einer fremden Stadt einen Fotoapparat. Weil, als ich dies nämlich tat, um das Standbild des grandiosen averner Feldherrenversagers zu fotografieren, stürzten sofort, und das ist nicht gelogen, aus 3 Ecken des Platzes die Schnorrer auf mich zu, die mich ob meiner Handlungsweise als Touristen und somit als Opfer zum Anschnorren auserwählt hatten. Ein weltgewandtes und fachmännisches "Casse-toi!" verwies sie aber in ihre Schranken. Ich weiß nicht, was genau sie mir an den Backen wünschten, vermute aber, dass es keine Segenswünsche gewesen waren. Ende des Exkurses.

Weiterhin verfügt die Stadt noch über einige nette Gassen, die üblichen Einkaufsgelegenheiten, die weniger konsumkritisch eingestellten Menschen, namentlich Frauen, die Freudentränen in die Augen treiben würden, und eine beachtliche weil sehr schwarze Kathedrale. Auch hier ist Wikipedia bildungsfördernd, da man dort erfährt, dass es die einzige schwarze Kathedrale ihrer Art ist, weil nur sie aus dem sogenannten Teerporphyr gebaut wurde. Oder so ähnlich. Das einzig kathedralenuntypische ist, dass die gewohnten Baugerüste fehlen. Ein weiteres Indiz dafür, dass Frankreich im Krieg nicht bombardiert wurde. Und so sieht der Kasten aus:
Gut. Nachdem ich dies nun alles in chinesischer Reisegruppengeschwindigkeit abgehandelt hatte, galt es nun eine Bleibe für die Nacht zu finden. Ein in einwandfreiem Radebrech geführtes Gespräch mit einem einheimischen Gastwirt, der im Übrigen ebenso hilfsbereit wie auch keiner anderen Sprache als des Franzöischen mächtig war, führte mich in eine Gegend Clermont-Ferrands, die mit "Ghetto" nur unzureichend umschrieben wäre. Es ist so eine typisch südliche gewerbegebietsartige Gegend, in welcher man automatisch die Türverriegelung des Autos zumacht, um nicht an der nächsten Ampel aus selbigen gerissen zu werden und mit Betongewichten an den Füßen im nächsten Gewässer entsorgt zu werden. Nun aber ist hier das Hotel. Es hat genau zwei Sterne, wovon einer gelogen, und der andere geprahlt ist. Das Zimmer ist nur im Rückwärtsgang zu betreten und die Ausstattung scheint aus Restbeständen der Fremdenlegion zu stammen. Doch gibt es Wi-Fi umsonst, das, wie ich hier lernen durfte "le Wi-Fi" heißt und auch "WieFie" ausgerochen wird. Was die Probleme erklärt, die ich hatte, als ich nach "WaiFai" fragte. Und das immerhin ist beachtlich: Hat man doch in den ganzen ach-so-coolen und ach-so-noblen Conferenze-Ressorts (ehemals schlicht Tagungshotel genannt) zwar auch die technische Möglichkeit einen drahtlosen Internetzugang anzubieten, allein es fehlt die Absicht. Weil nur so lässt sich ein Stundenpreis von zwischen 5 und 10 Euro erklären. Somit sind uns die Franzosen an dieser Stelle um Längen voraus, hier ist das nämlich "gratuit", was nicht nur umonst ist, sondern auch nichts kostet.

Das Einchecken gestaltete sich schwierig, aber liebenswert. Nachdem ich die sogenannte "Nordöstliche Eröffnung" gespielt hatte (man spricht mit einem jämmerlichen Französich auf sein Gegenüber ein und beendet den Satz mit "Parlez-vous anglais?" in der Hoffnung, das Gegenüber würde sich auf das eigene Niveau herablassen), hat die Rezeptionistin mit der sogenannten "Mediterranen Rochade" gekontert, die hauptsächlich darin besteht, freundlich zu grinsen und von "Französisch" auf "lokalen Dialekt des Tals in dem sie geboren wurde" umzuschalten. Natürlich versammelten sich in diesem Augenblick auch noch andere Angestellte des Hotels um den Tresen, und alle versuchen sich in Lautstärke und Dialekt zu überbieten bei dem Versuch herauszufinden, was dieser seltsame aber offensichtlich -wenn schon nicht sprachbegabte dafür aber zahlungswillige- Fremde hier und jetzt von einem will. Doch einige Adrenalinschübe und mehrere wiederum radegebrochene aber ernst gemeinte Entschuldigunsversuche und Versicherungen, nie wieder die Sprache des Erzfeindes zu verwenden, später, habe ich mein Zimmer bekommen.

Und nun geh ich in die Bar. "Une pression" trinken. Das ist einheimisch für "Bier". Denn merke, wer sich "une bière" bestellt wirkt ebenso authentisch wie ein Tourist, der sich in Köln "n halwe Hahn" bestellt, und ob der völligen Abwesenheit von Geflügel in seinem Brötchen anschließend ungerechtfertigterweise austickt.

In die Bar hatte ich übrigens schon beim Einchecken einen Blick geworfen. Was soll man sagen? Es scheint ein weiteres Rätsel zwischen den Kulturen zu sein, warum man südlich von Deutschland grelles, ins Königsblaue spielendes, Neonlicht als adäquate Beleuchtung ansieht. Die Bar verströmt den Charme einer stalinistischen Verhörzelle. Und genau so gerne möchte man sich darin aufhalten. Doch es gibt keine Wahl. Draußen vor'm Hotel tobt der Klassen-, Rassen- und Häuserkampf und in der Bar herrscht ein -wohl zerbrechlicher, aber immerhin- Burgfrieden, der die Einnahme der einen oder anderen Pression zur Erlangung der nötigen Bettschwere, um den doch noch recht regen Verkehr direkt vor dem Fenster zu ertragen, ermöglicht.
Und da bin ich jetzt. Bis die Tage!

Gruß
Le Jörch

Dienstag, 24. März 2009

Da dank ich doch artig!

Yip! Dank an alle, die da waren und sich versicherten, dass ich auch wirklich abhaue.

Ab morgen bin ich dann im Zuge der innereuropäischen Völkerverständigung unterwegs. Und wie man sieht, ich mach's den Völkern nicht einfach:

Montag, 23. März 2009

Burn the Bridges...

So, das wars! Fast 8 Jahre Berufstätigkeit sind dahin. Abgeschlossen. Abgefüttert. Aus und vorbei.

Den Kollegen Tschüs gesagt, den Rechner platt gemacht, die letzte Cola mit dem Coleman-Gedächtnispfennig bezahlt, den letzten doppelten Espresso getrunken, Waffen, Munition und Dienstmarke abgegeben.

Keine goldene Uhr bekommen.

Malaga meldet 22 Grad bei leichter bis mittlerer Bewölkung. Nachts 10 Grad. Das klingt vielversprechend. Dennoch werde ich wohl ein Paar lange Unterhosen und was Warmes für obendrüber mitnehmen. Am Samstag soll ein kleines Schauergebiet durchziehen. Nun gut. Bei uns scheint zwischen den Regenfällen manchmal die Sonne. Dort soll es gelegentlich mal regnen.

Spannung und Nervosität steigen.

Freitag, 20. März 2009

Vorspiel

Die Würfel sind gefallen und die Weichen gestellt: Am Mittwoch, dem 25.03.09 um ca. 8 Uhr wird's losgehen. Ab nach Spanien, die schwarze Seele baumeln lassen.

Ich werde mich bemühen, alles was mir auf dem Weg dorthin auffällt und alles was mich anfällt in Wort und Bild zu dokumentieren.

Wenn also irgendwer wissen will, wie's dem Jörch im finst'ren Ausland ergeht, der kann sich genau hier darüber informieren.

In diesem Sinne!