... nee, Ma-Rokko. Marokko ist ein Land im Norden Afrikas und liegt direkt gegenüber von Spanien, was einen Besuch dort vereinfacht, wenn man sich in Spanien aufhält. Also unten. Im Süden. Im Süden Spaniens. Von Bilbao aus ist es dann doch auch noch weiter weg. Obwohl also auch Bilbao in Spanien liegt. Aber eben im Norden. Aber gut.
Auf jeden Fall war ich am Freitag Abend in Marokko. Der erste Eindruck war, um es vorsichtig auszudrücken, verheerend.

Das Wort "Marokko" kommt aus dem Hochphönizischen und bedeutet: "Land wohin die Mercedesse gehen, wenn sie sterben". Hier sehen wir den Taxistand direkt hinter der Grenze in Ceuta, der spanischen Exklave und Grenzstadt auf dem afrikanischen Kontinent.
Aus irgendwelchen Gründen haben die Marokkaner ein unheimliches Faible für alte Benz als Taxifahrzeug der Wahl.
Wunderschöne alte W123 und Strich8er. Ich war weit über die Grenzen rationalen Denkens hinaus zunächst entsetzt, dann begeistert und endlich schwerst angepisst. Immerhin scheint sich dort jeder dahergelaufene Taxifahrer mein Traumauto leisten zu können, während ich darauf angewiesen bin, mit zuverlässigen aber langweiligen Japanern umeinand zu fahren.
Das Land an sich ist ganz genauso, wie man sich Afrika nun überhaupt nicht vorstellt. Die Landschaft erinnert mehr an die Schweiz, wenn dort Olivenbäume wachsen würden und die Schweizer kein Geld für richtige Häuser hätten.

Marokko ist über weite Teile - also die, die ich gesehen habe - quietschgrün. Allenthalben wächst und wuchert es. Marokkos Wirtschaft basiert auf Ackerbau, Vieh- und Fischzucht sowie auf der Unterdrückung der Frau. Nicht umsonst gilt Marokko als fortschrittlichstes und wirtschaflich erfolgreichstes Land Afrikas.

Unser Hotel, das "Chez Saqueratte", eine erlesen baufällige architektonische Verwegenheit aus den frühen 90er Jahren, war von eigener Qualität. Angekündigt war die Unterbringung in einer 4 Sterne Anlage. Doch Marokko scheint ein unsicheres Land zu sein, man hat dem Hotel wohl einen Stern erst kürzlich entwendet.
Dennoch vermissten wir nicht den für ein Haus dieser Kategorie üblichen Komfort: reispapierdünne Wände, durch die man die Aktivitäten der Nachbarn und der Leute auf dem Flur sehr gut verfolgen konnte. Eine Toilette, die ein olfaktorisches Erlebnis der Sonderklasse bot, sowie der schon fast liebgewonnene Schimmel an Duschvorhang und Wänden.
Das Essen im Hotel war landestypisch. Oder auch authentisch. Es gab wenig, und das war schlecht. Dafür waren die Ober nett. Man hat uns vor Reiseantritt versichert, dass man überall in Marokko Spanisch spräche. Stimmte auch soweit, wenn man unter "Spanisch sprechen" die fehlerfreie Aussprache und Verwendung der Worte "Si" und "No" versteht. Darüber hinaus ist des Marokkaners spanischer Wortschatz irgendwo zwischen "übersichtlich" und "nicht vorhanden". Das war aber alles kein Problem, denn immerhin können sie auch kein Französisch oder Englisch. Sie reden hauptsächlich Arabisch. "Shukran" heißt "Danke" und "sükren" heißt "besoffen".
"Besoffen" ist ein gutes Stichwort. Marokko als Land ist ein islamisches. Der Islam scheint sich vor allem durch die Abwesenheit all dessen zu definieren, was schön und gut ist im Leben. Dazu gehören Hunde, die als unrein gelten, die Gleichberechtigung der Frau, die als uncool gilt, sowie der Genuss von Alkohol, der als schlicht dämlich gilt. Was umso unverständlicher ist, da das Wort "Alkohol" ein arabisches ist. Das Zeug erst erfinden, und dann nichts davon auf Lager haben, das hab ich ja gerne!
Kurz: Es gibt kein Bier in Marokko. Es gibt auch sonst nichts zu trinken, außer Kaffee, Cola und Fanta. Und einen grünen Minztee, der zwar sehr lecker ist, aber traditionell so süß ist, dass es einem die Schuhspitzen nach oben biegt. Was hinwiederum die traditionelle Schutracht der Marokkaner erklärt.
Um ehrlich zu sein, mit der Unterdrückung der Frauen könnt ich umgehen. Auch der Mangel an Hygiene oder einer erkennbaren Infrastruktur stellt für mich kein langanhaltendes Hindernis dar. Aber kein Bier? Ohne mich! Dann sollen sie halt ihre Dokumentation selbst schreiben, auf mich müssen sie verzichten.
Doch heiter weiter. Samstags stand die Besichtigung des malerischen Städtchens Tetouan auf dem Programm. Tetouan ist die zweitälteste Stadt Marokkos und hat die zweitschönste Medina. Die erstälteste ist Fes und dort gibt es auch die erstschönste Medina. Doch Fes war weit weg, also mussten wir uns mit der zweiten Wahl zufrieden geben. Tetouan wurde von den Phöniziern gegründet, von den Römern zerstört, wieder aufgebaut, von den Berbern besetzt, von den Franzosen zerstört und so ist es mehr oder weniger bis heute erhalten geblieben. Die Innenstadt, die Medina, besteht aus geschätzt 5000 Kilometern übelriechender Straßen, in welchen man gelegentlich Skelette von Touristen findet, die ihre Reisegruppe verloren haben. Pittoresk.

Viele Javas wurden nach dem Untergang des Imperiums arbeitslos und müssen sich nun ihr karges Brot als Bettler verdienen.

Zum Glück war es recht kühl an diesem Tag. Der Fischmarkt ist interessant und schön und riecht wie mein Kühlschrank. Ich möchte mir wirklich nicht vorstellen, wie es an einem heißen Tag riecht. Wahrscheinlich dann wie die Toilette im Hotel.

Auch gibt es Chickennuggets in unverarbeiteter Form zu erwerben. Ich esse nie wieder Huhn.

Alles natürlich strenge überwacht vom lokalen Sicherheitsdienst.

Der natürlich sein karges SD-Salär noch durch den Verkauf gedünsteter Schafsohren aufbessert.
Weiterhin gab es allerlei Buntes zu kaufen. Über Zweck und Nutzen der Puder konnte mir auch der Reiseleiter nur eingeschränkt Auskunft geben. Ich vermute allerdings schwer, dass dieses Zeug einzig dazu dient, den Touristen zu erlauben, beeindruckend bunte Bilder zu machen. Oder sie versuchen über diesen Umweg die Farbrezeptoren der Kameras zu beschädigen. Denn in Wirklichkeit mögen sie es nicht, fotografiert zu werden. Nachvollziehbar, eigentlich. Das ist auch der Grund, warum viele Bilder zum neigen neigen. Ich hab die meisten nämlich aus der Hüfte geschossen.

Die lokale Spezialität "Tütenkatze" oder auch "Gata para llevar" wollte ich allerdings nicht ausprobieren.

Apropos Katzen. Der komplette Mangel an Hunden birgt natürlich die Gefahr der ungezügelten Vermehrung der Katzen in sich. Und sie finden das lustig.

Bleibt nun nur noch zu erwähnen, dass uns unser Reiseleiter noch in eine Künstlerkommune expedierte. Ich schätze mal, so ganz unvoreingenommen, dass es sich dabei hauptsächlich um entweder Verwandte oder Freunde von ihm handelte. Immerhin kamen wir so in den Genuss, eine Stunde lang Teppiche verschiedenster Unerträglichkeitsgrade bewundern zu dürfen. Alles natürlich von in Europa nicht erhältlicher Qualität und nachgerade lächerlich günstig. Und ist es zu glauben? Einige Leute haben tatsächlich etwas gekauft. Man zweifelt an der intellektuellen Integrität seiner Mitmenschen, aber es ist wahr. Der Reiseleiter war's sichtlich zufrieden.

Und Morgen gehts nach Tanger, zum Hasis kaufen.
Hasta Luego
El Jörch