Samstag, 28. März 2009

Valenci-Ja

Sie hat's mir ja nicht leicht gemacht, die Stadt. Gestern scheucht sich mich um sich herum, verhüllt ihr Innerstes, schickt mich in die vorgelagerte Wallachei und heute morgen gabs kein warmes Wasser.

Mann oder Maus war die Frage. El Zauselito, der betagte aber freundliche Hotelbesitzervater, war verschwunden. Sein Sohn war nicht da. Es gibt keine anderen Gäste. Um es abzukürzen: Ich habe kalt geduscht. Nicht lange. Und nicht ausgiebig. Aber ich habe es gemacht. Ich bin ein Naturtyp. Ganz ein Harter! Rüdiger Nehberg, du Flasche, bereite deinen Abgang aus dem Survival-Business vor, die neue Zeit gehört El Jörch, der coolsten Sau der Vorderpfalz! Das Wasser war so kalt, dass ich nach einer kurzen Sichtprüfung überzeugt war, ich sei eine Frau. Ging aber wieder vorbei.

Dann also los, hieß es, ab in die Stadt. Kurze Überlegungen, mir noch ein paar Extrabeulen in mein Auto zu treten, um abschreckender zu wirken, führten zu keinem Ergebnis und ich ließ es. Wenn es noch Beulen bekommen soll, wird es so sein. Da soll sich der Mensch nicht einmischen. Nach kaum einer halben Stunde für die 3 Kilometer habe ich auch das Centro Historiquo nebst ebenso historischer Parkgarage gefunden. Die Altstadt ist klein, hat viele verwinkelte Gassen und es ist in vielen davon beängstigend dunkel. Das Gleiche gilt eins zu eins für das Parkhaus.

Valencias Innenstadt ist riesig! Schon nach wenigen Schritten hatte ich mich behaglich verlaufen. Darüber hinaus empfinde ich Stadtpläne und Reiseführer als Beleidigung meines Intellekts. Deswegen habe ich sowas nie dabei. Wenn man nur lange genug läuft, kommt man auch überall hin.

Hier ein wenig Ausbeute:
Dies ist nicht etwa der vom schlechtem Geschmack eines barocksüchtigen Zuhälters ersonnene Eingang des valencianischen öffentlichen Puffs, sondern der vom schlechtem Geschmack eines barocksüchtigen Zuhälters ersonnene Eingang des Nationalmuseums. Die ganze überbordende ästhetische Grausamkeit dieses Monstrums kann nur verstehen, der es gesehen hat. Und sich nicht sofort versuchte die Augen aus dem Kopf zu löffeln und deswegen nun in einer warmen Zelle mit ganz weichen Wänden irgendwo auf einer spanischen Insel hockt. Das gesamte Gebäude ist die perfekte Verneinung all dessen, was schön, schlicht und anmutig ist. Daneben wirkt das versailler Schloss wie ein Entwurf von Mies van der Rrohe. Bis ins Detail unerträglich.
Das tut doch weh in den Augen! Sogar die Figur scheint sich selbst derart eklich zu finden, dass sie - hätte sie Arme - sich selbst erwürgen würde. Stattdessen scheint sie einfach nur ihren Schmerz in eine sie ignorierende Welt hinauszubrüllen.
Lustige Graffitis gabs auch. Ich hab nicht vollumfänglich verstanden, was genau der Künstler hier mitzuteilen versucht, doch hat das Werk eine zutiefst systemkritische Anmutung.
Hierzu passt dann auch diese Aufforderung: "Mach 'deiner' Krise ein Ende. Kauf Lose der Nationalen Lotterie." Herrlich inkosequent. Ein Los kostet immerhin 6 Euro. Dafür muss sie
ganz schöne viele Wattebällchen zerzupfen, gelb anmalen, an Mistelzweige kleben und verkaufen.

Impressionen vom Mercat Central. Ein typisch spanischer Frischfisch-und-alles-was-man-essen-kann-Markt. So etwas gibt's in der Form nur in Spanien. Die Atmosphäre in dem Laden ist beeindruckend geschäftig, die Leute wirbeln, die Verkäufer wurbeln und ich habe es fertiggebracht, mich10 Minuten nicht zu übergeben weil
nicht alles, was man essen KANN, auch gegessen werden MUSS. Ich glaube, wenn das das letzte Stück Protein zwischen mir und dem Hungertode wäre, ich würde fröhlich dahinscheiden, mit einem letzten Seufzer der Erleichterung mein Leben geben. Aber SOWAS geht nicht in mich rein! Das heißt, es geht nicht in mich rein, wenn ich es weiß. Was ich natürlich nicht weiß, in welcher Wurst oder Bulette ich Ähnliches schon gegessen habe. Und, um ehrlich zu sein, ich will das auch nicht wissen.
Noch mehrere Stunden nach dem Fang haben viele der im Markt feilgebotenen Waren heftige und nur schwer zu kontrollierende Fluchttendenzen. Wenn die Verkäufer nicht aufpassen wie die Schießhunde, ist nach 30 Minuten ihre gesamte Ware geflüchtet!
Sympathisch ist auch das Wappentier Valencias, die Fledermaus. Ich finde, das zeugt von Understatement. Kein schwülstiger Adler, kein Greif, kein Löwe, Stier oder sonst ein mit allerlei Machismo behaftetes Wesen. Nein, die Fledermaus hat es sollen sein. Das Wappen befindet sich übrigens auf allem und jedem in Valencia. Dieses hier ist auf der Alcaldia, der Bürgermeisterei. Valencia hat zur Zeit eine Bürgermeisterin, was ein Stück weit die üble Verkehrssituation erklärt.
Trotz frostiger 19 Grad ließ es sich draußen prima sitzen. Man sitzt, trinkt ein Bier und wundert sich über die verwegene, aber wohl landestypische Hutmode, die nur noch von den älteren Valencianern mit stolz getragen wird.

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